Reichelsheim
Rund um die Reichelsheimer Stadtmauer
Unser Wandervorschlag führt durch und um das "alte" Reichelsheim. Die Wanderung zeigt den Verlauf der Stadtmauer. Teilweise sind die Überreste heute noch zu sehen.Tourdaten | |
Start der Tour | Reichelsheimer Laurentiuskirche |
Art der Tour | Rundwanderung |
Ausgeschildert? | Nein |
Länge | ca. 2 Kilometer |
Steigungen | eben |
Wegbeschaffenheit | Teer, Graswege, Pfade |
Parkmöglichkeit | Marktplatz, Bingenheimer Straße |
Mehr Infos | Stadtmauer Reichelsheim |
Im Reichelsheimer Stadtplan ist hier blau die Stadtmauerrunde mit dem Startpunkt an der Reichelsheimer Laurentiuskirche eingezeichnet.
(Karte © OpenStreetMap und Mitwirkende, CC-BY-SA, Bearbeitung: A.Hitz)
Tourbeschreibung
Unsere Wanderung startet an der Reichelsheimer Laurentiuskirche am Marktplatz. Der wuchtige Kirchturm ist als Wehrturm ausgeführt und bietet auf seinem Umgang in 22 Metern Höhe einen hervorragenden Ausblick auf die Wetterau rund um Reichelsheim. Der Kirchturm kann allerdings nur zu besonderen Anlässen bestiegen werden. Es ist überliefert, dass der Kirchhof mit einer hohen Mauer und Türmen befestigt gewesen sein soll. Davon ist heute lediglich noch die Mauer erkennbar.Wir starten in Richtung Westen und gehen durch die Kirchgasse auf das Stadttor zu. In der Kirchgasse fällt uns auf der linken Seite ein Hof auf, an dessen Hauswänden viele Malereien hängen. Wilhelm Bender gehörte einst dieses Anwesen. Er war passionierter Maler, Flieger und Mitbegründer des Reichelsheimer Flugplatzes - davon zeugt noch der Propeller über einem der Eingänge. Nachdem wir die Reichelsheimer Metzgerei Rühl passiert haben, gelangen wir zum Stadttor mit dem Storchenturm. Störche nisten heute allerdings nicht mehr auf dem rund 15 Meter hohen Turm. Durch das Stadttor gelangt man heute auf den Friedhof.
Blick vom Friedhof auf das Stadttor mit Storchenturm. (1)
Wir biegen nach links in die Untere Haingasse ein. Hier laufen wir ein Stück der Stadtmauer entlang. Deutlich kann man hier Schießscharten erkennen. Die Straße liegt heute wesentich höher als früher, wie die Höhe der Scharten erkennen lässt. Am heutigen Ende dieses Mauerstücks biegen wir rechts ab und folgen der Friedhofsummauerung. Nach etwa 50 Metern biegen wir links ab. Der Weg führt uns auf der Rückseite der Anwesen an der Unteren Haingasse entlang. Hier verlief einst der Haingraben, der mit zur Stadtbefestigung gehörte.
Der Weg mündet auf die alte Landstraße nach Dorn-Assenheim. Sie wurde beim Braunkohleabbau (siehe Braunkohletour) stillgelegt und ist heute Zufahrt für die Landwirte ins Feld. Wir biegen nach links ab und gelangen auf die Florstädter Straße. Hier war einst der südliche Eingang zum Städtchen.
Wir überqueren die Straße und gehen weiter in die Rossgasse in östlicher Richtung. Die Rossgasse war in früheren Zeiten sozusagen das 'Rotlichtmilleu' von Reichelsheim. 'Leichte Damen' boten hier ihre Dienste an. An der Einmündung in die Florstädter Straße steht die ehemalige Grundschule. Auf dem Schulhof fällt uns die Rückseite einer großen Scheune auf, die aus Bruchsteinen gemauert ist. Wie viele Scheunen in der Rossgasse steht auch diese Scheune auf Überresten der Stadtmauer, die man sich hier als Wand zunutze gemacht hat. Teilweise beträgt die Wandstärke hier mehr als zwei Meter. Nach dem großen Brand von 1665 wurde der südliche Teil des Städtchens neu aufgebaut. Viele der landwirtschaftlichen Anwesen haben eine Durchfahrt von der Neugasse her. Die Landwirte konnten so mit Erntewagen von der Neugasse her in die Scheune einfahren, entladen und durch die Rossgasse wieder ausfahren (oder umgekehrt). Dazu musste die Stadtmauer mühsam durchbrochen werden, und Grundstücke auf der Rückseite gekauft oder gegen andere Ländereien getauscht werden. Auf einigen Höfen gibt es tiefe aus Basaltstein gemauerte Brunnen, die durch ihre Lage im ehemaligen Haingraben viel Wasser liefern.
Rechterhand der Rossgasse und in deren Verlängerung befinden sich viele Schrebergärten. Hier bauen versierte Hobby-Gärtner und Landwirte Gemüse und Obst an.
Kurz vor Ende des befestigten Teils der Rossgasse taucht auf der linken Seite ein weiterer, sehr wuchtiger Wehrturm auf. Er ist fast vollständig in die heutigen Gebäude integriert und gehört zu einem landwirtschaftlichen Anwesen. Die nicht öffentlichen Zugänge zum Turm sind durch den Stall, sowie den Heuboden erreichbar.
Wer möchte, kann ein kleines Stück weiter durch die Schrebergärten in Richtung Osten laufen und gelangt zu einer Fußbrücke über die Horloff. Eine kleine Bank läd hier zur Rast ein. (2)
Unser Weg führt uns am Ende der befestigten Rossgasse nach dem letzten Gebäude nach links weiter. Der Grasweg führt entlang der Reichelsheimer Ostseite. Auch hier bewegen wir uns auf der Rückseite der Anwesen in der Neugasse. Der genaue Verlauf der Stadtmauer in diesem Bereich ist heute nicht mehr bekannt. An der Horloff angekommen biegen wir nach links in einen kleinen Fußweg ab. Er führt ein Stück entlang der Horloff, die irgendwann Richtung Norden abknickt. Hier haben wir einen Blick auf die alte Steinbrücke, die den alten Ortskern mit Schule, Kindergarten und Sportplätzen verbindet. An dieser Stelle war vor dem Bau der Brücke eine Furt. Sie konnte durch das östliche Stadttor am Römerberg über eine in nordöstliche Richtung führende Zufahrt erreicht werden.
Steinbogenbrücke aus dem Jahr 1864 am heutigen Kindergarten 'Steinbeisser'. (3)
Entlang einer Scheune führt der Fußweg weiter auf den 'Zimmerplatz'. Richtung Norden führt unser Weg weiter in die Turmgasse. Wie der Name schon verrät, gelangen wir hier zu einem weiteren Turm der Stadtbefestigung, auf den wir bereits beim Einbiegen in die Straße schauen. Es ist der sagenumwobene 'Hexenturm', in dem unter anderem einst Hans Geiß, der Reichelsheimer Hexenmeister, eingesperrt worden war. Heute zeigt sich der Turm als niedrigster Turm der Stadtbefestigung, dürfte früher aber wesentlich höher gewesen sein. Ende des 19. Jahrhunderts bis 1954 trug der Turm auch ein Dach. Nach dessen Verfall wurde es nicht wieder aufgebaut. Südlich des Turm sehen wir auch wieder ein Stück der alten Stadtmauer.
Der Hexenturm in der Turmgasse. (4)
Die Turmgasse knickt nach links ab und wir gelangen auf die Hauptstraße. Mit Blick nach links sehen wir die Reichelsheimer Kirche und das Historische Rathaus. Wir biegen rechts ab und gehen ein Stück der Hauptstraße entlang durch die ehemalige und heute nicht mehr sichtbare 'Oberpforte' bis zur Kreuzung an der heutigen Sparkasse. Rechts zweigt die schmale Straße "Im alten Dorf" ab, die hier an dieser Stelle von den Alt-Reichelsheimern "Im Wäschbachsgraben" genannt wird. Sie führt über eine kleine Fußbrücke unter anderem zum Bürgerhaus.
Uns interessiert hier aber das Gebäude mit dem großen Innenhof, zu dem auch die Sparkasse gehört. Fürst 'Heinrich zu Schwarzenburg-Sondershausen' hatte 1740 Reichelsheim gekauft und einen wegweisenden Schritt für das Städtchen getan: Er baute sich als einer der ersten vor dem Obertor dieses Anwesen auf. Damit setzte er ein Zeichen: Nach über 300 Jahren stellte die Stadtmauer nun keine Begrenzung mehr für die Entfaltung Reichelsheims dar.
Unser weiterer Weg führt nun ein kurzes Stück die Hauptstraße zurück. Gegenüber der Turmgasse biegen wir in die Obere Haingasse ein. Diese schmale Straße führte einst direkt an der Stadtmauer entlang. Doch davon ist heute auf diesem Abschnitt nichts mehr zu sehen. Im Unterschied zur Neugasse bzw. der Rossgasse sind in der Haingasse und auch der Turmgasse neue Grundstücke und Gebäude außerhalb der Stadtmauer entstanden. Dadurch wurde die Mauer in diesen Straßenzügen fast vollständig entfernt. Die Keller einiger dieser Häuser könnten möglicherweise noch auf oder aus Resten der alten Mauer bestehen.
An der nächsten Kreuzung blicken wir geradeaus nochmal auf den Storchenturm, biegen nach links in die Schweizergasse ab und gelangen wieder auf den Reichelsheimer Marktplatz, den Ausgangspunkt unserer kleinen Wanderung.
Alternative Route
Im Rahmen der Dorferneuerung Reichelsheim (1992-2000) wurde der 'Historisch ökologische Rundweg Reichelsheim' erarbeitet und ausgeschildert. Zwischenzeitlich ist dieser aber leider etwas in Vergessenheit geraten und teilweise ist die Beschilderung verschwunden.Informationen zu dieser Wandertour findet man auf den Seiten des Heimat- und Geschichtsvereins Reichelsheim und in diesem PDF-Dokument.
Bilder: Alexander Hitz