Reichelsheim

Die Stadtteile

Neben der Kernstadt Reichelsheim selber, gehören noch folgenden Stadtteile zur Gesamtstadt Reichelsheim (in Klammern die Nummerierung bis zur Einführung der neuen fünfstelligen Postleitzahlen am 1. Juli 1993):

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Das Reichelsheimer Stadtgebiet auf der Karte: Südwestlich der Kernstadt liegt Dorn-Assenheim, Beienheim und Weckesheim liegen westlich, Heuchelheim nördlich und Blofeld östlich. Das Stadtgebiet grenzt südwestlich an Friedberg, nördlich an Wölfersheim und Echzell, östlich an Ranstadt und südöstlich an Florstadt.
(Karte © OpenStreetMap und Mitwirkende, CC-BY-SA, Bearbeitung: A.Hitz)


Dorn-Assenheim

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Nach einer mündlichen Überlieferung soll sich im 7. Jahrhundert ein Franke namens Masson hier niedergelassen und der Siedlung seinen Namen gegeben haben: "Massinheim". Zusammen mit dem Zusatz "Durrin" (dürr, wasserarm) wurde daraus später "Dorn-Assenheim". Bezüglich der ersten urkundlichen Erwähnung des Dorfes kann als gesichertes Datum das Jahr 1318 angenommen werden.

Dorn-Assenheim war zur Hälfte fuldisches, zur anderen Wormser Lehen. Die Erstere war mindestens seit 1396 im Besitze der Herren von Kleen; nach deren Aussterben kann sie an die Herren von Frankenstein. Die andere Hälfte besaßen ebenfalls die Herren von Kleen; sie ging dann zunächst über auf Caspar Lerch von Dirmstein und Philipp Wais von Fauerbach, 1593 an die von Schönburg, 1667 an die von Schönborn und endlich an die Rau von Holzhausen. 1803 kam das Dorf an Nassau und 1866 an Hessen Darmstadt.

Die Einwohner des Dorfes hatten 1593 der Konfession der Herren von Schönburg zu folgen und wurden protestantisch. Mit der neuen Herrschaft des Jahres 1667, den Grafen von Schönborn, mußten sie wieder katholisch werden. Dabei ist es dann endgültig geblieben. Bis in unsere Gegenwart prägen die Aktivitäten der katholischen Pfarrgemeinde das öffentliche Leben dieses Stadtteiles.

Von jeher lebten die Menschen in Dorn-Assenheim von und mit der Landwirtschaft. Im Jahr 1841 wurde in dem damaligen nassauischen Dorf zudem ein Braunkohlebergwerk eröffnet. Mit Unterbrechungen wurde die Kohleförderung Jahrzehnte betrieben; sie fand mit der Auskohlung der Vorkommen im Jahre 1991 am heutigen Bergwerksee ihr Ende.

Wahrzeichen des Dorfes ist ein alter Ziehbrunnen aus Sandstein mit runder Fassung. Er trägt die Jahreszahlen 1733 und 1795.

Dorn-Assenheim wird im Volksmund 'Schloggebach' genannt. Diese Bezeichnung lässt sich durch einen alten Entwässerungsgraben herleiten, der die Ortsdurchfahrt kreuzte. Er besass eine Brücke, deren Holzstangen beim Befahren 'schlaggerten' auch 'schloggern' genannt. So hat sowohl der Graben, als auch der Ort den Namen 'Schloggebach' erhalten.

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Dorn-Assenheim mit der katholischen Kirche 'St. Maria Magdalena' vor dem Steinkopf.

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Alter Ziehbrunnen aus dem 18.Jahrhundert am Eingang zur Untergasse.


Beienheim

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Die Entstehung Beienheims weist weit in die Vergangenheit zurück. Funde aus der Jungsteinzeit (3. Jahrtausend v. Chr.) deuten darauf hin, daß sich hier damals bereits Menschen niederließen und als Ackerbauern den fruchtbaren Boden bestellten. Als dann zu Beginn der christlichen Zeitrechnung die Römer in Germanien eindrangen, bargen sie das fruchtbare Land zwischen Vogelsberg und Taunus hinter ihren Limes. Bei Grabungsarbeiten im Jahre 1840 fand man in Beienheim Reste einer römischen Wasserleitung und zwei römische Münzen aus der Zeit zwischen 270 und 350 n. Chr. Es hat sich also allem Anschein nach an dieser Stelle eine römische Siedlung befunden.

Am 12. Juni 773 wird Beienheim erstmals urkundlich erwähnt. Eine Schenkungsurkunde, mit der der Freiherr von Willerad dem neugegründeten Kloster Lorsch 'zwei Huben Ackerland (ca. 75 ha.) im Gau Wetterau in Bigenheim (Beienheim' vermacht, trägt dieses Datum. Der Name 'Bigenheim' der sich später zu 'Bienheim' 'Beyenheim' und schließlich 'Beienheim' wandelt, wird allgemein von 'big' (= künstlich errichteter Hügel) abgeleitet. Demnach läge es nahe, beim Wort 'bige' an einen Gerichtshügel zu denken, auf dem von den Freien des Ortes vor der Versammlung Recht gesprochen wurde.

Im Jahre 1359 wird urkundlich von einem 'freihen Gerichte zu Bienheym' berichtet, das dem Kaiser unmittelbar unterstand. Und in einer Urkunde von 1401 bestimmt Kaiser Ruprecht, daß die Nachbarn zu Byenheim, wenn das Richteramt erledigt sei, aus der Linie der Waise zu Fauerbach, welche im Besitze von Dorheim seien, einen Richter wählen sollten. Diese Familie hatte das Dorf als Reichslehen.

Die Waise zu Fauerbach starben 1558 im Mannesstamme aus. Die Schwester des letzten Wais war mit dem Herrn Jost Rau von Holzhausen verheiratet. Und somit wurden die Freiherren Rau von und zu Holzhausen, die zur mittelrheinischen Ritterschaft in Friedberg gehörten, reichsunmittelbare Territorialherren über Beienheim. Zu ihren Rechten gehörten u. a. das Patronatsrecht, das Recht also, Pfarrer und Lehrer in der Gemeinde einzusetzen. - Mit der Errichtung des Rheinbundes 1806 kam Beienheim an das Großherzogtum Hessen, 1853 wurden die Lehen aufgehoben und Hauptmann Gustav von Rau verkaufte das Beienheimer Gut an die Grafen zu Solms-Rödelheim, zu Assenheim.

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Beienheim vor dem Steinkopf.

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Die 1776 erbaute Kirche in Beienheim.


Weckesheim

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Die Entstehung des Dorfes Weckesheim geht auf die fränkische Siedlungsperiode zurück. Als Anfang der Besiedlung muß ein Schafhof (ahd. Weggo = Schafhirte) angesehen werden. Diesem gegenüber stand eine kleine Wasserburg, das sogenannte 'Schlößchen'. Es war auf einer Insel gelegen, von einem Lustgarten umgeben und durch Wassergräben bewehrt. Das Schloß verfiel nach dem 30-jährigen Krieg.

Der Name des Ortes findet erstmals Erwähnung in den Summarien des fuldaischen Mönches Eberhardt; das Dokument ist jedoch undatiert; es wird der Zeit um 982 zugeordnet. 1270 taucht die Schreibweise 'Weckesheim' auf.

Weckesheim war im Besitz der Herren von Münzenberg. Nach dem Aussterben dieser Linie im Jahre 1255 ging deren Erbe an die Herren von Falkenstein, 1419 an die Grafen von Solms. In deren Besitz blieb das Dorf, bis es 1806 hessisch wurde.

Als zu Beginn des 19. Jahrhunderts im Horloffgraben Braunkohlevorkommen entdeckt wurden, erließ Großherzog Ludwig I. von Hessen-Darmstadt eine Verordnung, wonach Braunkohle für Heizzwecke gefördert wurde. Im Jahr 1842 wurde in Weckesheim die erste Braunkohlengrube in Betrieb genommen.

Die Braunkohle wurde im Tiefbau, also unter der Erde gewonnen und mittels Seilwinden zu Tage gefördert. Hier wurde sie zu viereckigen Klötzen geformt, auf Gerüsten getrocknet und als Brennmaterial an die Bevölkerung der Umgebung verkauft.

Mit dem Beginn des Bergbaues in Weckesheim änderten sich die sozialen Strukturen des Dorfes. Seit Jahrhunderten ausschließlich durch die Landwirtschaft geprägt, kam die Gemeinde nun unter den Einfluß der zahlreichen Bergarbeiterschaft. Es ist überliefert, dass zu Beginn der 1930er Jahre die nationalistischen Kräfte in den umliegenden Gemeinden schon eine große Anhängerschaft hatten; die Weckesheimer jedoch prügelten die Nazis aus ihrem Dorf. Auch nach dem zweiten Weltkrieg sprach man gelegentlich vom 'roten Weckesheim'.

Der Bergbau, der das Leben des Dorfes Weckesheim beinahe 150 Jahre beeinflußt hat, fand mit dem Auskohlen der Wetterauer Braunkohlevorkommen im Jahre 1991 mit dem letzten Tagebau sein Ende.

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Erste Teile der Weckesheimer Kirche wurden im 13. Jahrhundert erbaut.

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Lindenplatz mit Zunftbaum.


Heuchelheim

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Heuchelheim wird erstmals mit Datum vom 3. März 1239 urkundlich erwähnt. Obwohl die Gemarkung nicht sonderlich groß war, wurde Heuchelheim im Laufe der vielen komplizierten Besitzwechsel immer wieder neu aufgeteilt. Als altmünzenbergisches Besitztum ging es nach dem Aussterben des Geschlechtes 1255 zu 5/6 an die Herren von Falkenstein und zu 1/6 an das Haus Hanau. Der Falkensteiner Teil kam 1419 zur Hälfte an die Grafen von Solms und später an die Grafen von Stolberg, zur anderen Hälfte an die Herren von Eppstein, 1535 an Mainz und 1685 ebenfalls an die Grafen von Hanau. Die Besitzverhältnisse im Jahre 1685 waren folglich die : 5/12 des Ortes gehörten den Herren von Stolberg, 7/12 denen zu Hanau. 1806 schließlich kam der Stolbergische, 1810 der Hanauische Besitz an das Großherzogtum Hessen. Die Tatsache, daß zudem einzelne Familien mit den jeweiligen Besitzanteilen zu unterschiedlichen Zeiten belehnt worden waren, läßt die Besitzverhältnisse Heuchelheim äußerst unübersichtlich werden.

Die Heuchelheimer waren also Untertanen der jeweiligen Standesherren. Die Herren zogen die ihnen zustehenden Zinsen und Abgaben in Form von Naturalien oder Dienstleistungen ein. Dazu gehörte der Zehent; bestehend aus dem Fruchtzehnt (meist der zehnte Teil an der Ernte von Getreide, Flachs oder Früchten) und dem Blutzehnt (Vieh, Hühner und Gänse, Honig, Eier, Milch und Butter). An Frondiensten verlangte die Herrschaft von den Heuchelheimern Hilfe bei der Feldarbeit und bei der Jagd, Botengänge und vieles andere mehr. Mit dem Aufkommen der Geldwirtschaft wurden die Naturalabgaben und Dienste in Geldabgaben umgewandelt und schließlich abgelöst.

Die Heuchelheimer Bauern übten, um ihre Familien ausreichend ernähren zu können, an Abenden und in der Winterzeit das Handwerk der Weber aus. So standen bis im letzten Jahrhundert in vielen Bauernhäusern noch die Webstühle. 1940 wurde in Heuchelheim der Braunkohleabbau begonnen.

1962 wurde die Tiefbaugrube Heuchelheim stillgelegt. In den 20 Jahren ihrer Auskohlung wurden aus ihr 4.439.400 Tonnen Braunkohle gefördert. Um sich vorzustellen, was die Männer in diesen Jahren unter Tage mit Hacke und Schaufel geleistet haben, sei folgendes Bild entworfen: Ein Spezialgroßraumwagen, wie er von der 'Preag' zum Abtransport damals genutzt wurde und noch heute in Betrieb ist, fasst 30 Tonnen Braunkohle. Würde man mit diesen 9,5 Meter langen Waggons einen einzigen Zug zusammenstellen, der die Gesamtmenge der in dieser Tiefbaugrube geförderten Braunkohle faßt, so hätte man einen durchgehenden Zug von Reichelsheim bis nach Barcelona oder Stockholm.

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Dorfplatz mit Kirche aus dem 15. Jahrhundert und Jahrhunderteiche.

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Blick vom Lochberg nach Heuchelheim.


Blofeld

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Idyllisch, von Wäldern und Feldern umgeben, liegt das Dörfchen Blofeld an dem westlichsten Ausläufer des Vogelsberges. Ob der Name Blofeld (= blaues Feld) von den Untergründen des blauen Basaltes herrührt oder aber von den in früheren Zeiten bestellten blau-blühenden Flachsfeldern, läßt sich heute nicht mehr mit Gewissheit klären. Jedenfalls schreibt man hier dem gesunden Klima die Qualität eines Luftkurortes zu.

Die spärlichen historischen Quellen lassen vieles aus der Geschichte Blofeld im Dunkeln. Auf eine frühe menschliche Besiedelung läßt das nahegelegene 'Gestühl der Wilden Frauen' schließen. Die mächtigen Steinsetzungen mitten des Königswaldes lassen einen altgermanischen Kultplatz vermuten. Sie werden aber auch als 'Druidenstuhl', als Sitz und Heiligtum keltischer Priester, bezeichnet.

Erstmals wird Blofeld im Jahre 1294 urkundlich erwähnt, als die 'Herren von Blafeld' dem Kloster Arnsburg Besitzungen in Fauerbach verkaufen. In Blofeld waren zudem die Löwen zu Steinfurth, die Herren von Drahe, die Waise von Fauerbach und die Herren von Geismar begütert.

Das Dorf Blofeld wurde im 30-jährigen Kriege verwüstet und völlig entvölkert. Die kleine Kirche (bereits 1349 urkundlich genannt) stand viele Jahre einsam auf weiter Flur, wurde aufgebrochen und vollkommen ausgeraubt; gewissenlose Räuber stahlen sogar die Glocke aus dem Turm. Erst unter der Herrschaft des Landgrafen Wilhelm Christoph von Hessen-Homburg-Bingenheim (1648-1681) wuchs wieder neues Leben in den Ruinen.

Die bäuerliche Struktur des Dorfes hat sich bis in unser Jahrhundert erhalten. Wie alle übrigen Stadtteile ist Blofeld heute jedoch überwiegend reine Wohnsitzgemeinde und hat etwa 500 Einwohner.

In Blofeld steht übrigens auch die größte und älteste Wildkirsche Deutschlands.

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Lindenplatz in der Ortsdurchfahrt von Blofeld.

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Blick auf Blofeld am Rande des Reichelsheimer Stadtwalds.





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