Reichelsheim

Die Horlofftalbahn

Reichelsheim liegt an der 1897 eröffneten Bahnstrecke Friedberg-Nidda, die bis 1960 noch bis nach Schotten führte (DB-Streckennummer 3741). An die Bahnstrecke sind die Stadtteile Beienheim und Weckesheim sowie Reichelsheim mit einem Bahnhof angebunden. Die Bahnstrecke Friedberg-Nidda trägt den Namen "Horlofftalbahn" gemeinsam mit der Strecke Friedberg-Mücke. Beide Strecken führen parallel bis nach Beienheim. Geplant war ursprünglich ein zweigleisiger Ausbau der Strecke Friedberg-Mücke.
Ende der 70er Jahre befand sich die Strecke zwischen den Reichelsheimer Bahnhöfen in einem schlechten Zustand, so dass die Zuggeschwindigkeiten auf 10 bis 30 km/h (!) heruntergesetzt werden mussten. Erst 1982 wurde die Strecke für den Mülltransport saniert.

Neben dem Personenverkehr war früher der Güterverkehr auf der Strecke bedeutend. Außer dem Transport von landwirtschaftlichen Produkten, wie beispielsweise Zuckerrüben, wurde Müll von der Müllumladestation in Grundschwalheim transportiert. Auch wurden Steinbrüche, die Firma Hornitex in Nidda und das ehemalige Braunkohlekraftwerk Wölfersheim über die Strecke bedient.

Nach dreiachsigen Personenwagen und Umbauwagen bespannt mit Dampflokomotiven (bekannt sind die Baureihen 50, 56, 74, 78, 94) fuhren auf der Strecke Uerdinger Schienenbusse (VT95/98), sowie "Silberlinge" gezogen von Dieselloks der Baureihe 212 oder 216 als Wendezüge. Heute wird die Strecke hauptsächlich von der Hessischen Landesbahn mit Gelenktriebwagen vom Typ GTW2/6 (teilweise in Mehrfachtraktion) und seit 2023 mit neuen Triebzügen des Typs 'Coradia LINT 41' (Baureihe 2648) befahren.

In den Hauptverkehrszeiten verkehren durchgehende Züge mit Nahverkehrswagen von Nidda nach Frankfurt am Main. Als Zugloks kamen hier bis 2014 Diesellokomotiven der Baureihe 218 zum Einsatz. Seit 2015 werden neue Lokomotiven der Baureihe 245 mit Doppelstockwagen eingesetzt. Es handelt sich um Loks vom Hersteller Bombardier der Serie Traxx P160DE. Die dieselelektrischen Loks haben ein Gewicht von 83 Tonnen und werden von bis zu vier Dieselmotoren mit je 563kW angetrieben.

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Die Hessische Landesbahn befährt die Horlofftalbahn seit 2023 mit Gelenktriebwagen des Typs 'Coradia LINT 41' (BR 2648).

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Auch noch im Dienst der Hessische Landesbahn stehen die Gelenktriebwagen des Typs 'Stadler GTW 2/6'.

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Nahverkehrszug der 'DB Regio' von Frankfurt nach Nidda im April 2015 mit neuer Lokomotive der BR245 und Doppelstockwagen bei der Einfahrt in den Bahnhof Reichelsheim.

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Die Doppelstock-Züge bringen mit zwei Zugpaaren jeweils morgens und abends Pendler an den Frankfurter Hauptbahnhof.

Seit der Fahrplanumstellung zum 05. April 2003 verkehrt die Horlofftalbahn auch Samstags und Sonntags im 2-Stunden-Takt zwischen Friedberg und Nidda. Zum gleichen Datum wurde der Zugverkehr zwischen Wölfersheim-Södel und Hungen eingestellt und durch Linienbusse ersetzt.

Beienheim

Der Bahnhof Beienheim ist ein Trennungsbahnhof und seit der Eröffnung der Strecke ein Eisenbahnknotenpunkt. Hier teilt sich die Horlofftalbahn in die zunächst von Friedberg über Dorheim gemeinsam verlaufenden Strecken Friedberg-Mücke (3740) und Friedberg-Schotten (3741). Die Strecke Friedberg-Mücke wird seit 2003 nur noch bis Wölfersheim befahren (1958 noch bis Freienseen, 1959 bis Hungen). Die Strecke Friedberg-Schotten wird seit 1959 nur noch bis Nidda befahren.

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Gleisplan des Beienheimer Bahnhofs. Gleis1 hat eine nutzbare Gleislänge von 539m, Gleis2 427m und Gleis3 267m.

Die Gleise 1-3 des Bahnhofs Beienheim sind in beide Richtungen für Zugfahrten nutzbar. Gleis 1 steht dabei nur für Züge in/aus Richtung Wölfersheim zur Verfügung, Gleis 3 nur für Züge in/aus Richtung Nidda. Gleis 2 kann für beide Strecken bei Zugkreuzungen verwendet werden. Das Bahnhofsgebäude wurde um 1900 gebaut und verfügt über einen Dienstraum mit Seilzugstellwerk. Von hier aus werden Weichen und Signale gestellt. Von Friedberg bis Beienheim existieren Blockstrecken, die von hier aus gestellt werden. Weiter werden von hier aus die Strecken nach Wölfersheim und Nidda überwacht.
Die Strecke Friedberg-Hungen-Gießen war als Umleitungsstrecke für die Main-Weser-Bahn Abschnitt Friedberg-Butzbach-Gießen vorgesehen. Deshalb ist der Bahnhof Beienheim auf große Nutzlängen ausgebaut.
Der Bahnhof erfreut sich aufgrund der noch vorhandenen ursprünglichen Bahnaustattung mit Flügelsignalen bei Eisenbahnfreunden großer Beliebtheit und ist immer wieder Fotomotiv für Dampfloksonderfahrten.

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Der Bahnhof Beienheim hat heute noch drei Gleise. Hier kreuzen und teilen sich Züge zwischen Friedberg, Nidda und Wölfersheim.

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Blick auf die Hebelbank des Jüdel-Stellwerks im Bahnhof Beienheim. Der Bahnhof ist besetzt, von hier aus werden die Strecken nach Nidda und Wölfersheim überwacht. Zu Hauptverkehrszeiten, wenn hier bis zu drei Züge kreuzen, hat das Personal alle Hände voll zu tun.

Weckesheim

Der Haltepunkt Weckesheim ist eingleisig und verfügt über bis 2016 über einen schmalen Hausbahnsteig. Der Bahnhof hat ein typisch ländliches Bahnhofsgebäude, das lange Zeit vom Ortsverband Reichelsheim des Deutschen Roten Kreuz genutzt wurde und heute in Privathand ist. 2016 wurde der Haltepunkt modernisiert und ca. 200 Meter weiter westlich neu gebaut.

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Das Bahnhofsgebäude und der alte Bahnsteig sind nicht mehr in Betrieb. Das Bahnhofsgebäude dient heute als Wohnhaus.

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Ca. 200 Meter westlich vom Bahnhofsgebäude befindet sich der heutige Haltepunkt. Er wurde 2016 komplett neu gebaut, um den aktuellen Anforderungen gerecht zu werden.


Reichelsheim

Der Reichelsheimer Bahnhof ist heute in Privathand und nicht mehr besetzt. Er fungiert als Kreuzungsbahnhof, hat noch zwei Gleise und arbeitet im sognannten Zugleitbetrieb, der kein Personal mehr erforderlich macht. Früher gehörte noch ein Abstellgleis zum Bahnhof. Dort wurden Kohle und andere Waren angeliefert, sowie im Herbst Zuckerrüben abgeholt. Nach der Rübenverladung mit einem Bockkran folgte die Verladung mit einer Rübenverladeanlage (im Volksmund: "Rübenkippe") auf offene Güterwaggons. Mit der Umstellung des Rübentransportes auf LKWs wurde 1990 das Abstellgleis nicht mehr benötigt und die Weiche, sowie später auch das Gleis, aus- bzw. abgebaut. Heute findet man nur noch einen letzten Rest des Gleises mit Laderampe und Prellbock direkt am Bahnhofsgebäude. Der Bahnhof wurde verkauft und das vorher in einem Vorbau untergebrachte Seilzugstellwerk in ein kleines "Betonhäuschen" umgelegt. Bei Zugkreuzungen wurden die Weichen vom Zugpersonal gestellt. Mit der Modernisierung des Bahnhofs und Umstellung auf Zugleitbetrieb verschwand das Seilzugstellwerk ganz.
Die Bahnstraße und die ehemalige Verladestraße wurden im Zuge des Dorferneuerungsprogrammes saniert, sowie ein Park-and-Ride-Parkplatz angelegt.

Historische Bilder des Reichelsheimer Bahnhofs

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Blick auf den Bahnhof Reichelsheim und die Bahnsteige. Auf Gleis 1 (rechts im Bild) fahren die Züge in Richtung Friedberg ab, auf Gleis 2 die Züge in Richtung Nidda. Das Bahnhofsgebäude (weiter hinten im Bild) ist in Privatbesitz und gehört nicht mehr zum eigentlichen Betriebsgelände.

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Fahrgastinformationsanzeige auf dem Bahnsteig.

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Östlicher Zugang zum Bahnsteig vom Neubaugebiet 'Auf der Oberbeunde'.

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Westlicher Zugang zum Bahnsteig mit Wartehäuschen und Fahrkartenautomat (rechts). Bis zum Abriss 2013 prägt das Raiffeisen-Getreidesilo das Bahnhofsgelände.

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Westliche Rückfallweiche des Reichelsheimer Bahnhofs...

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...und das damit verbundene Deckungssignal (rechts) vor dem Bahnübergang in der Bad Nauheimer Straße.

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Regio-Express RB48 von Frankfurt nach Nidda in der Abendsonne kurz vor Reichelsheim.



Informationsquellen:
- Andreas Christopher
- Drehscheibe-Online

Bildquellen:
- Mit freundlicher Genehmigung der jeweils unter den Bildern genannten Fotografen
- Alle nicht gekennzeichneten Bilder: Alexander Hitz


Weitere Informationen zur Horlofftalbahn


→ Früher führte die Bahnstrecke von Nidda weiter bis Schotten
→ Interessant: Gleisplan Bahnhof Friedberg



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