Reichelsheim

Neues 'XXL-Umspannwerk' in der Wetterau

Anfang Juni 2025 wird in einer kleinen unbedeutenden Pressemitteilung bekannt, dass in der Wetterau ein riesiges Umspannwerk für Höchstspannung gebaut werden soll. Es soll rund 30 Hektar groß werden - das entspricht einer Flächengröße von etwa 43 Fußballfeldern. Zunächst wird genannt, dass das Werk entweder zwischen Bad Nauheim und Wölfersheim oder zwischen Friedberg und Reichelsheim entstehen soll. Beide Bereiche bestehen größtenteils aus landwirtschaftlich genutzten Flächen. Wie die Kommunen dem Hessischen Rundfunk mitteilten, habe ihnen der Netzbetreiber 'TenneT TSO' diese zwei möglichen Standorte genannt. Wo genau das Werk hinkommt, müssten die Kommunen untereinander klären. Diese würden das Werk lieber in einem Industrie- oder Gewerbegebiet sehen, aber eine 30 Hektar große Freifläche sei schwer zu finden.

Das geplante Umspannwerk soll das bereits existierende Umspannwerk zwischen Dorheim und Beienheim ersetzen. Dieses Umspannwerk liegt im Abschnitt UW Gießen-Nord - UW Karben im Versorgungsstrang Borken-Rhein/Main.
TenneT begründet die Baumaßnahme wie folgt:

Durch Umbeseilung soll die Stromtragfähigkeit der bestehenden 380kV-Doppelleitung zwischen Gießen/Nord und Karben auf 4000A je Stromkreis angehoben werden. Das neu zu errichtende 380kV/110kV-Umspannwerk im Suchraum Dorheim soll in die neue 380kV-Doppelleitung voll eingeschliffen werden.

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Beispielansicht eines TenneT-Umspannwerkes in Karben.
Bild: TenneT TSO GmbH

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Derzeitiges TenneT-Umspannwerk bei Dorheim.
Bild: Alexander Hitz


Soweit die erste Meldung dazu. Ende Juli nimmt die Diskussion dazu Fahrt auf. Zwischenzeitlich hatte der Netzbetreiber 'TenneT TSO' den Standort konkretisiert und favorisiert nun eine Fläche im Viereck zwischen den Reichelsheimer Stadtteilen Beienheim, Weckesheim, Dorn-Assenheim und Friedberg-Bauernheim westlich des Bergwerksees.

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Unsere Grafik zeigt blau schraffiert das alte Umspannwerk zwischen Dorheim und Beienheim. Es soll durch ein rund 30 Hektar großes Umspannwerk im Viereck zwischen Beienheim, Weckesheim, Dorn-Assenheim und Bauernheim entstehen. Die rot Schraffierte Fläche zeigt beispielhaft einen Größenvergleich auf der in Frage kommenden Fläche (aber nicht eine geplante Position)
Grafik/Bearbeitung: TOP50/Alexander Hitz


In allen Reichelsheimer Parteien und auch der Stadtverwaltung wächst nun Kritik an den Plänen. Es werden Fragenkataloge erstellt (Die Stadt hat hier einen Fragebogen mit 47 Fragen zu 8 Themen erstellt, s.u.) und dem Unternehmen zu gesandt. In der Stadtverordnetenversammlung am 28.August soll das Unternehmen TenneT den Stadtverordneten und Bürgern Rede und Antwort stehen. Doch bereits im Vorfeld wurden von TenneT eine Stellungnahme zu dem Fragenkatalog abgegeben.
Außerdem soll TenneT (Stand Ende August) bereits die Eigentümer von deutlich mehr als 100 Hektar angeschrieben haben, darunter auch die Stadt Reichelsheim - benötigt werden 30 Hektar.


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Großes Interesse in der Bevölkerung hatte die Stadtverordnetenversammlung, in der TenneT seine Pläne für das Umspannwerk vorstellte.
Bild: Alexander Hitz


In der Stadtverordnetenversammlung am 28.August stellte TenneT in einer Präsentation die Pläne des Unternehmens vor. Dabei hagelte es vor allem Kritik aus der Bürgerschaft. Doch eines stellte Dr. Marco Bräuer von TenneT auf die Frage 'Was kann das Umspannwerk überhaupt noch verhindern?' eines Bürgers klar: 'Wenn wir grobe Fehler in der Planung machen'.

Vor der Stadtverordnetenversammlung hatte der Hessische Rundfunk in einem Videobeitrag über das Umspannwerk berichtet und hatte darin vor allem die betroffenen Landwirte zu Wort kommen lassen.

Im September fordern die Parteien von TenneT minimalen Landverbrauch beim Bau des Umspannwerkes und beschäftigen sich dabei mit 380kV-Techniken wie 'luftisolierten Schaltanlagen', 'Clean-Air-/Vakuum-Technik' und Gasen wie Schwefelhexafluorid, G3 oder EconiQ.

Auch im Kreistag ist Projekt Thema Mitte September. Kritisiert wird neben der Notwendigkeit auch die Größe. Es wird beschlossen Vertreter von TenneT in den Kreistag einzuladen.

Am 25.September haben sich alle drei Fachausschüsse der Stadt Reichelsheim (das sind der Haupt- und Finanzausschuss, der Bauausschuss, sowie der Sozialausschuss) einstimmig gegen den Verkauf der stadteigenen Grundstücke in Reichelsheim an die Firma TenneT ausgesprochen.

Die Stadtzeitung 'Unser Reichelsheim' berichtet über das geplante Umspannwerk in der Ausgabe 09/2025 ebenfalls und legt die derzeitigen Fakten offen:

Kurz und knapp - Wer plant was, warum und welche Kritik gibt es daran?

Wer plant: Unternehmen TenneT

Was ist geplant: XXL-Umspannwerk auf einer Fläche von rund 30 Hektar (entspricht etwa 43 Fußballfeldern)

Wo soll es entstehen: im freien Feld zwischen Beienheim, Weckesheim, Dorn-Assenheim, Bauernheim und Dorheim

Warum soll es gebaut werden:
  • Stärkung der Versorgungssicherheit in der Region
  • Ausgleich von Engpässen im Stromnetz
  • Schnelleres Reagieren bei Spitzenlasten oder Ausfällen
  • Beitrag zur Integration erneuerbarer Energien und zur Digitalisierung des Stromnetzes
Was spricht dagegen?
  • wertvolle Ackerflächen werden der Landwirtschaft entzogen
  • erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbilds
  • Gefährdung geschützter Arten wie Wiesenweihe, Feldlerche, Rebhuhn, Wiedehopf oder Feldhamster
  • Lärmbelastung und Einschränkung anderer Nutzungsmöglichkeiten

Wie geht es weiter?
Der Zeitplan des Unternehmens sieht wie folgt aus:
  • 2025-2027 Sicherung der Grundstücke und Ausarbeitung der technischen Planung
  • ab 2028 Beginn des Genehmigungsverfahrens - Einreichung der Unterlagen und Beteiligung der Fachbehörden
  • bis 2030 Abschluss des Genehmigungsverfahrens und Erhalt der Genehmigung
  • ab 2031 Start der Bauarbeiten
  • 2035 Voraussichtliche Inbetriebnahme des Umspannwerks

Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Reichelsheim beschließt in ihrer Sitzung vom 30.September aufgrund der Empfehlung aller Ausschüsse den Verkauf der 25 städtischen Grundstücke in den Gemarkungen Beienheim und Dorn-Assenheim an die TenneT TSO GmbH abzulehnen.


Pressemitteilungen dazu:


FNP vom 24.07.2025

Reichelsheim als Standort für XXL-Umspannwerk

Wetteraukreis (pm). Der Übertragungsnetzbetreiber TenneT will in der Wetterau nordöstlich von Friedberg ein neues 30 Hektar großes Umspannwerk bauen. Laut den Wetterauer Grünen favorisieren die Planer ein Raum, der im Viereck zwischen den Dörfern Bauernheim, Beienheim, Weckesheim und Dorn-Assenheim liegt.

Grünen-Vertreter aus in den potenziell betroffenen Kommunen haben nun den Austausch mit dem Unternehmen gesucht. Mit dabei waren die Abgeordneten der Wetterauer Grünen in Regionalverband und Regionalversammlung.

Bislang war die Rede von zwei Suchräumen gewesen, einer zwischen Wölfersheim und Bad Nauheim, der andere zwischen Friedberg und Reichelsheim. Im Gespräch sein TenneT nun konkreter geworden, berichten die Grünen in einer Pressemitteilung. Demnach soll das Umspannwerk zum größten Teil im Gemeindegebiet von Reichelsheim entstehen.

Der Netzausbau mit den dazu nötigen Anlagen geht auf den steigenden Strombedarf zurück. Bis 2045 wird nahezu eine Verdreifachung prognostiziert. Festgehalten sind die Planungen im bundesweiten Netzentwicklungsplan. Die konkreten Maßnahmen wie etwa die in der Wetterau geplante Anlage sind mit der Bundesnetzagentur abgestimmt. Der Neubau würde das vom Energieversorger Avacon betriebene bestehende Umspannwerk zwischen Dorheim und Beienheim ersetzen.

TenneT plant Infoabende
Die Grünen wollten erfahren, wie der Planungsprozess aussieht, wie die Öffentlichkeit eingebunden wird, wie das Unternehmen an die Grundstücke kommen will. TenneT favorisiere eine Planung und Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz, heißt es. Das sei das übliche Vorgehen. Zuständige Behörde sei in diesem Fall der Wetteraukreis. Ein Planfeststellungsverfahren sei für die Leitungsanbindung vorgesehen. Die notwendigen Flächen sollen unter Beteiligung der Hessischen Landgesellschaft erworben werden. Die Gespräche zum Flächenerwerb seien bereits gestartet, hierbei sollen auch Tauschflächen angeboten werden. Man sei im Gespräch mit Kommunen, Kreis und den Organisationen der Landwirtschaft. Ein Konsens werde angestrebt, Informationsveranstaltungen seien geplant. In Wölfersheim und in Reichelsheim seien Termine in den örtlichen politischen Gremien vereinbart.

'Unterm Strich macht auch diese Planung deutlich, wie sehr der Druck auf die landwirtschaftlich wertvollen Flächen der Wetterau weiter zunimmt', urteilen die Grünen.


FNP vom 26.07.2025

XXL-Umspannwerk: Freie Wähler fordern 'ernsthafte Prüfung' von Alternativstandorten

Auf einer Fläche von etwa 43 Fußballfeldern soll nahe dem Bergwerksee bei Reichelsheim ein Umspannwerk entstehen. Die Freien Wähler fordern, dass Alternativstandorte 'ernsthaft geprüft' werden.

Die Pläne für das XXL-Umspannwerk, das auf freiem Feld zwischen Bauernheim, Beienheim, Weckesheim und Dorn-Assenheim entstehen könnte, rufen die Kritiker auf den Plan.

Es dürfte nach Rewe und Amazon das nächste Großprojekt sein, bei dem die Vernichtung bester Wetterauer Böden angeprangert wird.
Für die Energiewende und um den Stromhunger im Rhein-Main-Gebiet zu stillen, scheint der Bau eines 30 Hektar großen Umspannwerks unumgänglich. Wie die Grünen zuletzt mitteilten, soll es zum größten Teil im Gemeindegebiet von Reichelsheim entstehen. Bürgermeisterin Lena Herget (SPD) teilte auf Facebook mit, sie sehe den gewählten Standort als betroffene Bürgermeisterin sehr kritisch - auch wenn man die Strom-Infrastruktur zweifelsohne benötige. Sie stehe mit dem Betreiber TenneT TSO selbst und auch mit den Bürgermeistern der Nachbarkommunen sowie weiteren Organisationen und Behörden im engen Austausch.

Eine unbebaute Fläche in der Größe von etwa 43 Fußballfeldern zu finden, dürfte schwierig werden. Auch schränken weitere Kriterien die Standortwahl ein: etwa Umwelt- und Naturschutzauflagen, Mindestabstände zu Wohngebieten sowie die Nähe zu Stromtrassen und Netzknotenpunkten. Der nun favorisierte Standort sei aber gänzlich ungeeignet, findet Cenk Gönül, Vorsitzender der Freien Wähler Reichelsheim und stellvertretender FW-Vorsitzender im Wetteraukreis. 'Diese Böden gehören zu den fruchtbarsten in Deutschland - und sie sollen für die Versorgung der Rhein-Main-Region, allen voran Frankfurt, geopfert werden', bemängelt er und fragt: 'Muss immer das Umland den Kopf hinhalten?' Aus der Region werde schließlich bereits Trinkwasser für Frankfurt und die Metropolregion abgepumpt. Eine gerechte Verteilung sehe anders aus.

Die geplante Anlage würde auf einer Fläche entstehen, die über Generationen hinweg von Landwirten bewirtschaftet worden sei. 'Das sind keine Brachflächen, das sind Höchstleistungsböden, die die Ernährungssicherheit mit garantieren.' Man dürfe nicht Milliarden in den Netzausbau stecken und die Landwirte gleichzeitig 'für zwei oder drei Euro pro Quadratmeter abspeisen'.

Die Freien Wähler fordern, dass Alternativstandorte 'ernsthaft geprüft' werden, etwa Konversions- oder Industrieflächen, die bereits versiegelt sind. Auch die Stadt Frankfurt müsse ihren Beitrag leisten.


CDU vom 30.07.2025

CDU: Erst Fakten, dann Strategie!

CDU-Fraktion Reichelsheim fordert frühzeitige Klärung offener Fragen zum geplanten Umspannwerk - Fragenkatalog an Bürgermeisterin Lena Herget übermittelt

Reichelsheim (hh). 'Ein Projekt in dieser Größenordnung braucht vor allem eines: frühzeitige Transparenz', betont Holger Hachenburger, Fraktionsvorsitzender der CDU Reichelsheim. Deshalb hat die CDU-Fraktion einen umfangreichen Fragenkatalog zum geplanten Umspannwerk der Firma TenneT auf Reichelsheimer Gemarkung an Bürgermeisterin Lena Herget übermittelt. Ziel ist es, die wesentlichen offenen Punkte rechtzeitig zu klären - bevor TenneT das Vorhaben in der Stadtverordnetenversammlung am 28. August in Beienheim vorstellen wird.

Die CDU möchte, dass die Antworten rechtzeitig vorliegen - schriftlich und fundiert -, damit die Parlamentarier gezielt nachfragen können. 'Das ist die Grundlage für eine ernsthafte Diskussion', erklärt Hachenburger. Der Fragenkatalog umfasst insgesamt zwölf zentral strukturierte Punkte. Thematisch reichen sie von der Frage nach der Standortwahl über die Auswirkungen auf Landwirtschaft, Natur und Umwelt bis hin zum zusätzlichen Infrastrukturbedarf, etwa durch Wege, Leitungen oder Betriebsflächen. Ebenso wird nach den möglichen Belastungen für Mensch und Tier durch Emissionen gefragt - sowie danach, welchen konkreten Nutzen das Vorhaben für Reichelsheim und die übrigen betroffenen Kommunen haben soll. Auch die geplanten Formate zur Öffentlichkeitsbeteiligung und der zeitliche Ablauf des Genehmigungsverfahrens werden kritisch hinterfragt. Die CDU legt dabei besonderen Wert auf nachvollziehbare und belastbare Antworten, die den Bürgerinnen und Bürgern eine sachliche Meinungsbildung ermöglichen.

'Es geht hier um 30 Hektar in einer der fruchtbarsten Agrarlandschaften Hessens. Die Bürger haben ein Recht darauf zu erfahren, warum gerade hier gebaut werden soll, welche Folgen das hat - und was dafür getan wird, um diese Folgen abzumildern', so Hachenburger weiter.

Dass TenneT ihr Projekt in der Stadtverordnetenversammlung vorstellt, sei ein erster Schritt. Dem müsse jedoch der direkte Dialog mit der Öffentlichkeit in gesonderten Bürgerversammlungen folgen. 'Wir erwarten, dass spätestens mit den Antworten auf unsere Fragen die öffentliche Debatte beginnen kann.'

Wichtig ist der CDU-Fraktion, dass das Thema parteiübergreifend angegangen wird. 'Wir begrüßen es ausdrücklich, wenn sich im Parlament die Reihen schließen. Eine geschlossene Haltung der kommunalen Gremien stärkt Reichelsheim - auch gegenüber TenneT', so Hachenburger.

Obwohl er, Hachenburger, dem Projekt derzeit mit großer Skepsis begegnet, zeigt sich die Fraktion offen für eine konstruktive Auseinandersetzung. 'Wir sind bereit, an Lösungen mitzuarbeiten, die die Interessen unserer Kommune bestmöglich wahren - ausdrücklich auch gemeinsam mit Bürgermeisterin Lena Herget. Das erwarten unsere Bürgerinnen und Bürger zu Recht von uns - und dafür stehen wir auch als CDU', betont der Fraktionsvorsitzende.

Die CDU fordert die Bürgermeisterin daher auf, die Fragen zeitnah an TenneT weiterzuleiten und die schriftlichen Antworten vor der Sitzung am 28. August öffentlich verfügbar zu machen. Nur so sei gewährleistet, dass die Stadtverordnetenversammlung nicht zur reinen Informationsveranstaltung verkomme, sondern ihren Aufgaben der Kontrolle, Mitgestaltung und Interessenvertretung auch gerecht werden könne.

Der Zwölf Punkte Fragenkatalog der CDU-Fraktion Reichelsheim an Bürgermeisterin Lena Herget mit der Bitte, die Firma TenneT um Beantwortung rechtzeitig vor der Stadtverordnetenversammlung am 28.08.2025 aufzufordern. Wobei rechtzeitig für uns der 24.08.2025 ist, um die Antworten am Tag danach in der Fraktion zu beurteilen.

  1. Nach welchen konkreten Kriterien wurde der favorisierte Standort südlich von Beienheim ausgewählt?
  2. Welche Alternativflächen wurden geprüft - und aus welchen Gründen verworfen?
  3. Wie wurden naturschutzfachliche, agrarstrukturelle und raumordnerische Aspekte bei der Standortentscheidung gewichtet?
  4. Die Wetterau zählt zu den fruchtbarsten Agrarregionen Hessens. Wie wird der dauerhafte Verlust hochwertiger Ackerflächen kompensiert?
  5. Ist ein Ausgleich über Flächenpool, Nutzungsentschädigungen oder andere Maßnahmen geplant, um die Landwirtschaft in der Region zu entlasten?
  6. Welche zusätzliche Infrastruktur (z.B. Zufahrtswege, Betriebsgebäude, Versorgungsleitungen, Drainagen etc.) ist für die Errichtung und den Betrieb des Umspannwerks erforderlich?
  7. Wird es hierfür weitere Bodenversiegelung oder Eingriffe in bestehende Wege-, Feld- oder Wasserstrukturen geben?
  8. Welche Auswirkungen auf Flora, Fauna und Bodenökologie (z.B. durch Flächenumbruch, Bauarbeiten, Lichtemissionen) sind prognostiziert?
  9. Welche Emissionen (elektromagnetisch, akustisch, thermisch, lichttechnisch) gehen vom Umspannwerk aus - und wie wirken sie sich auf Menschen, Tiere und umliegende Wohnbereiche aus?
  10. Wann wird das Planfeststellungsverfahren eingeleitet, und welche Instanz ist dafür zuständig?
  11. Welche Informations- und Dialogformate (z.B. Bürgerversammlungen und Sprechstunden, Ortsbegehungen, Fachworkshops) sind seitens TenneT vor Ort geplant - und wann?
  12. Welche konkreten Vorteile entstehen für die Region insgesamt - und speziell für die betroffenen Kommunen Reichelsheim, Friedberg und Wölfersheim (z.B. Netzanbindung, Einnahmen, Einspeisemöglichkeiten, Ausgleichsmaßnahmen)?


Stadt Reichelsheim vom 31.07.2025

Bürgermeisterin Herget äußert sich kritisch zum geplanten Standort für TenneT-Umspannwerk

Das Unternehmen TenneT plant den Bau eines rund 30 Hektar großen Umspannwerks in der Wetterau - in unmittelbarer Nähe zu Beienheim, Dorn-Assenheim, Weckesheim, Dorheim und Bauernheim. Bürgermeisterin Lena Herget sieht den vorgesehenen Standort äußerst kritisch und nimmt öffentlich Stellung.

'Die Notwendigkeit eines Umspannwerks wird von mir nicht in Frage gestellt', erklärt Herget. 'Wir brauchen eine leistungsfähige Strom-Infrastruktur, um die Digitalisierung, die Energiewende und damit den Klimaschutz voranzutreiben. Auch unser alltägliches Leben ist auf eine stabile Energieversorgung angewiesen. Was ich aber sehr kritisch sehe, ist der gewählte Standort, isoliert mitten in landwirtschaftlich geprägten Flächen.'

Bereits in der Stadtverordnetenversammlung im Juni hatte Bürgermeisterin Herget das Projekt öffentlich thematisiert. Seit Wochen steht sie im engen Austausch mit dem Unternehmen TenneT, mit den Bürgermeistern der umliegenden Kommunen, mit Ortslandwirten, Grundstückseigentümern sowie mit verschiedenen Organisationen und Behörden.

Am 7. Juli erreichte Reichelsheim dann eine offizielle Anfrage der Hessischen Landgesellschaft (HLG), ob städtische Flächen im Bereich des geplanten Umspannwerks an TenneT veräußert werden könnten. Hergets Haltung dazu ist eindeutig: 'Ich werde mich im Magistrat und in der Stadtverordnetenversammlung gegen den Verkauf städtischer Flächen und gegen den Bau des Umspannwerks an diesem Standort einsetzen.'

Aus Sicht der Bürgermeisterin sprechen mehrere gewichtige Gründe gegen die Umsetzung des Projekts an genau diesem Ort. Zum einen würde durch das Vorhaben wertvoller Ackerboden dauerhaft aus der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen. Das hätte nicht nur ökologische, sondern auch wirtschaftliche Folgen - insbesondere für die betroffenen Landwirte der Region, für die diese Flächen eine wichtige Existenzgrundlage darstellen. Hinzu kommt die Versiegelung einer Fläche von 30 Hektar, was in Zeiten zunehmender Klimaschutzanforderungen ein deutliches Warnsignal sein sollte. Darüber hinaus ist die betroffene Fläche Lebensraum zahlreicher schützenswerter Tierarten, deren Vorkommen durch die Bebauung massiv beeinträchtigt würde. Nicht zuletzt handelt es sich um einen völlig isolierten Standort, der mitten in der für die Wetterau so typischen offenen Agrarlandschaft liegt und daher aus raumplanerischer Sicht äußerst sensibel zu bewerten ist.

'Es geht mir nicht um ein klassisches 'Not in my Backyard' - also: Macht es ruhig, aber bitte nicht bei uns', betont Herget. 'Mir ist bewusst, dass sich das Unternehmen aus wirtschaftlicher Sicht den optimalen Standort ausgesucht hat - das ist aus deren Sicht absolut verständlich. Aber genau deshalb muss hinterfragt werden, ob dieser Standort und die zusammenhängende Größe der Planung wirklich alternativlos sind.'

Die Bürgermeisterin fordert eine kritische Überprüfung der Planungen und stellt konkrete Fragen: Ist ein Umspannwerk dieser Größe an genau diesem Ort zwingend erforderlich? Könnten vorhandene Infrastrukturen erweitert werden, um die Notwendigkeit eines Neubaus zu verringern? Ist es möglich, mehrere kleinere Einheiten an geeigneteren Standorten zu errichten? Gibt es geeignete Flächen in der Nähe bestehender Industriegebiete, die besser geeignet wären als landwirtschaftliche Flächen aber aus wirtschaftlichen Erwägungen nicht favorisiert werden?

Bekenntnis zur Energiewende - aber mit Augenmaß
Lena Herget betont, dass sie den Ausbau erneuerbarer Energien und eine nachhaltige Energieerzeugung klar unterstützt: 'Ich bin stolze Bürgermeisterin einer ehemaligen Bergbaukommune. Unsere Region hat eine lange Energiegeschichte - vom Kohleabbau bis zur heutigen Nutzung der dabei entstandenen Seen. Wir haben schon immer Verantwortung für die Energiesicherheit- und Versorgung für die Region getragen. Aber ich will keineswegs ein Zurück zur Energieerzeugung von damals - sondern ein verantwortungsvolles Vorangehen mit moderner Infrastruktur.'

Doch der Ausbau müsse sorgfältig geplant werden. 'Wir müssen Strom dezentral erzeugen und transportieren. Doch genauso wichtig ist es, Planungen zu hinterfragen, Standorte kritisch zu prüfen und Alternativen offen zu diskutieren. Es ist meine Pflicht als Bürgermeisterin, die Interessen Reichelsheims zu vertreten - klar, deutlich und im Rahmen einer sachlichen Diskussion', so Herget.

Fragenkatalog an TenneT - Veröffentlichung der Antworten geplant
Nach der kommenden Sitzung des Magistrats wird ein umfassender Fragenkatalog an das Unternehmen TenneT übermittelt. Dieser enthält sowohl die bereits erwähnten Fragen der Bürgermeisterin, zusätzliche Fragen aus dem Magistrat und auch zahlreiche Fragen, die von Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung an die Bürgermeisterin herangetragen wurden. 'Ich halte es für sehr wichtig, dass wir nicht nur Fragen stellen, sondern auch die Antworten für alle transparent machen', so Herget. 'Sobald uns die Antworten von TenneT vorliegen, werden wir diese öffentlich zugänglich machen.'

Einladung zur Stadtverordnetenversammlung am 28. August
Alle Bürgerinnen und Bürger sind herzlich eingeladen, sich selbst ein Bild von der Planung zu machen. Am 28. August um 20 Uhr wird im Bürgertreff Beienheim das Unternehmen TenneT seine Pläne öffentlich vorstellen. Es besteht die Möglichkeit, Fragen zu stellen und sich aktiv in die Diskussion einzubringen.
'Bis dahin werde ich weiterhin Gespräche mit Ortslandwirten, Grundstückseigentümern und meinen Kolleginnen und Kollegen aus den Nachbarkommunen führen', kündigt Bürgermeisterin Herget an. 'Jetzt ist der Moment, an dem wir gemeinsam an einem Strang ziehen müssen.'


Stadt Reichelsheim vom 31.07.2025

SPD wegen Umspannwerk: 'Innerlich zerrissen'

Reichelsheim (pm). Die SPD-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung schreibt in einer Pressemitteilung, sie nehme den von der Bundesnetzagentur und dem Unternehmen TenneT geplanten Bau eines rund 30 Hektar großen Umspannwerks zwischen Beienheim, Dorn-Assenheim, Bauernheim und Dorheim 'sehr ernst'. Die Sozialdemokraten erkennen demnach die grundsätzliche Notwendigkeit einer leistungsfähigen Strom-Infrastruktur an, wollen sich aber erst nach sorgfältiger Prüfung aller Fakten ein Urteil bilden.

'Wir wissen, dass eine stabile Energieversorgung entscheidend für unser tägliches Leben, für die Wirtschaft und für die Umsetzung der Energiewende ist', sagt Fraktionsvorsitzender Eckhard Fritsch. 'Gleichzeitig fällt es uns schwer zu verstehen, warum ein solches Projekt mitten in bester landwirtschaftlicher Fläche entstehen soll - völlig losgelöst von bestehender Infrastruktur wie Gewerbe- oder Industriegebieten.' Die Mitglieder der Fraktion seien 'innerlich zerrissen' zwischen dem Verständnis für die notwendige Infrastruktur und der Sorge um Natur, Landwirtschaft und Landschaftsbild.

Thema soll in Ausschuss
Die SPD-Fraktion habe daher eigene Fragen in die Erstellung eines Fragenkatalogs eingebracht, den der Magistrat nun an TenneT übermitteln werde. Die Beantwortung der Fragen und die öffentliche Infoveranstaltung am 28. August sollen die Grundlage für eine fundierte Bewertung bilden. Fritsch: 'Wir wollen eine Entscheidung auf Basis von Wissen, nicht von Bauchgefühl.'

Der Einfluss der örtlichen Politik auf das Projekt sei sehr begrenzt, da die Planung von der Bundesnetzagentur gesteuert und entschieden werde. Dennoch wolle man die Interessen der Stadt und ihrer Bürger mit Nachdruck vertreten und die Planungen kritisch, aber konstruktiv begleiten.

Um sich selbst ein Bild von den möglichen Auswirkungen zu verschaffen, plane die SPD den Besuch eines bestehenden Umspannwerks. Zwar gebe es in der Region kein vergleichbar großes Projekt wie das geplante XXL-Werk bei Reichelsheim. Doch könne man an einer zehn Hektar großen Anlage einen Eindruck von den Dimensionen und möglichen Begleiterscheinungen gewinnen.

In der kommenden Stadtverordnetenversammlung werde die SPD vorschlagen, den Sachverhalt in den Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Dort sollen die Antworten auf den Fragenkatalog sowie die Auskünfte aus der Infoveranstaltung beraten werden, bevor die Stadtverordneten ein Votum abgeben.

Stadt Reichelsheim vom 08.08.2025

Fragenkatalog der Stadt Reichelsheim an TenneT zum geplanten Umspannwerk

Der Magistrates der Stadt Reichelsheim und die in der Stadtverordnetenversammlung vertretenen Fraktionen haben folgenden Fragenkatalog verbunden mit der dringenden Bitte um Beantwortung in schriftlicher Form bis zum 24. August 2025 an den zuständigen Projektverantwortlichen geschickt. Die Antworten werden der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt und dienen der Vorbereitung auf die Stadtverordnetenversammlung am 28.08.2025.

1. Notwendigkeit und Standortwahl
  • Nach welchen konkreten Kriterien wurde der favorisierte Standort in unmittelbarer Nähe zu Beienheim, Dorn-Assenheim, Weckesheim, Dorheim und Bauernheim ausgewählt?
  • Warum wurde der Standort bei Rödgen/ Schwalheim verworfen?
  • Wie wurden naturschutzfachliche, agrarstrukturelle und raumordnerische Aspekte bei der Standortentscheidung gewichtet?
  • Welche netztechnischen Engpässe rechtfertigen genau diesen Standort und die geplante Dimension (ca. 30 ha)?
  • Welche Standortalternativen (z. B. Industrie-, Konversionsflächen, bestehende Umspannwerke, Kuppelstellen) wurden geprüft und warum verworfen?
  • Wurde eine modulare oder Mehrstandortlösung zur Flächenminimierung in Betracht gezogen?
  • Welche Rolle spielt das Umspannwerk im Netzentwicklungsplan 2037/2045 (z. B. Leistungsdaten, Netzknotenfunktion, Einbindung von Einspeisern)?
  • Gibt es technologische Alternativen (z. B. GIS, Hybridlösungen), die den Flächenbedarf reduzieren könnten? Ist ein Umspannwerk dieser Größe an genau diesem Standort zwingend erforderlich?
  • Könnten vorhandene Infrastrukturen erweitert werden, um den Neubau zu vermeiden oder zu verkleinern?
  • Ist es möglich, kleinere Einheiten an besser geeigneten Standorten (z. B. Industriegebiete) zu errichten?
2. Landwirtschaft, Flächenbedarf und Bodenschutz
  • Wie viele Hektar landwirtschaftliche Fläche werden dauerhaft versiegelt und welcher Qualitätsstandard (Bodenwert, Ackerzahl) liegt vor?
  • Warum sollen hochwertige Ackerflächen genutzt werden, statt Flächen mit geringerer Bodenqualität?
  • Wie viele landwirtschaftliche Betriebe sind direkt oder indirekt betroffen (Pacht, Eigentum, Bewirtschaftungslogistik)?
  • Welche langfristigen Einschränkungen entstehen für die Landwirtschaft (Zufahrten, Leitungsrechte, Ausgleichsflächen)?
  • Wie wird der Verlust der hochwertigen Ackerflächen kompensiert (Flächenpool, Ausgleichsflächen, Nutzungsentschädigungen)?
  • Gibt es Pläne für Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen und werden dafür erneut hochwertige Flächen beansprucht? Wurde eine Minimierungs- oder Null-Versiegelungsvariante geprüft (z. B. Aufständerungen, multifunktionale Nutzung)?
3. Umwelt-, Natur- und Klimaschutz
  • Welche Auswirkungen sind auf Flora, Fauna, Bodenökologie, Grundwasserschutz, Trinkwassergewinnung und Bodenerosion zu erwarten?
  • Ist das Vorkommen schützenswerter Arten (z. B. Wiesenweihe, Feldlerche) bekannt und wie wird darauf Rücksicht genommen?
  • Wird eine vollständige Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) mit Variantenvergleich durchgeführt?
  • Welche Biodiversitäts- und Agrarökosystemleistungen gehen verloren und wie werden diese bilanziert und kompensiert?
  • Wie wird der CO2-Fußabdruck des Projekts (Bau, Betrieb, Versiegelung) erfasst und kompensiert?
4. Emissionen, Gesundheit und Sicherheit
  • Welche Emissionen (elektromagnetisch, akustisch, thermisch, lichttechnisch) sind vom Umspannwerk zu erwarten?
  • Welche Auswirkungen haben diese Emissionen auf Menschen, Tiere und umliegende Wohnbereiche?
  • Wer trägt die Verantwortung für die Sicherheit der kritischen Infrastruktur und wie wird diese gewährleistet?
  • Welche Sicherheits- und Notfallkonzepte sind vorgesehen ( z.b. bei Brand, Extremwetter)?
  • Welche Auswirkungen hat der Bau eines Umspannwerkes auf den kommunalen Brandschutz? Wird zusätzliche Technik benötigt? Wenn ja, wer trägt diese Kosten?
5. Infrastruktur, Bau und Betrieb
  • Welche zusätzliche Infrastruktur (Zufahrtswege, Betriebsgebäude, Versorgungsleitungen, Drainagen) ist erforderlich?
  • Führt dies zu weiterer 'Bodenversiegelung' oder Eingriffen in bestehende Wege-, Feld- oder Wasserstrukturen?
  • Wo genau sind die Zufahrten geplant und müssen Wege dauerhaft ausgebaut/verbreitert werden? Wie breit müssen sie sein?
  • Wird der Bau weitere Bauten oder Nutzungen am Standort nach sich ziehen?
  • Wie lange ist die geplante Lebensdauer des Umspannwerks?
6. Verfahren, Genehmigung und Beteiligung
  • Welches Genehmigungs- und Bodenordnungsverfahren wird angewendet und wie läuft es konkret ab?
  • Wann und in welcher Form werden Stadt, betroffene Eigentümer und Grundstücksnutzer beteiligt? Können Eigentümer bei Nicht-Einwilligung zwangsweise enteignet oder Flächen zugewiesen werden? Wie erfolgt eine Entschädigung?
  • Wann wird das Planfeststellungsverfahren eingeleitet und welche Behörde ist zuständig?
  • Welche Planungs- und Genehmigungsschritte mit Zeitplan und Meilensteinen sind vorgesehen?
  • Welche Bürgerbeteiligungsformate sind geplant (Bürgerversammlungen, Sprechstunden, Workshops)?
  • Welche Gutachten, Lastflussberechnungen und Standortberichte stellt TenneT der Öffentlichkeit zur Verfügung?
  • Wie wird Transparenz bei der Standortwahl und Planung sichergestellt (z. B. Bewertungsmatrix, Parameter, Gewichtungen)?
  • Wie wird ein 'lernendes Verfahren' gewährleistet, das neue technische und planerische Erkenntnisse berücksichtigt?
7. Entschädigung, Ausgleich und Wirtschaftlichkeit
  • Nach welchem Modell und auf welcher Bewertungsgrundlage werden Eigentümer und Bewirtschafter entschädigt? Gibt es Beteiligungs- oder Gewinnmodelle für Kommunen und Landwirte (z. B. Standortdividende, regionale Fonds)?
  • Wie werden die Flächen steuerlich veranlagt?
  • Wie werden Produktionsausfälle, Umwege und Betriebskosten angemessen ausgeglichen?
  • Wie hoch sind die Gesamtinvestitionskosten (inkl. Leitungsanbindung, Ausgleichsmaßnahmen, Erschließung) und wer trägt diese?
  • Welche wirtschaftlichen Vorteile entstehen für die Region Frankfurt/Rhein-Main, und welche Belastungen verbleiben in der Wetterau?
  • Welche Regelungen gelten bei Kostensteigerungen, Verzögerungen oder Fehlplanungen (Risikopuffer, Haftung)?
8. Rückbau und langfristige Verantwortung
  • Wie ist der Rückbau am Lebensende des Umspannwerks geregelt?
  • Wer trägt die Verantwortung und Kosten für Finanzierung und Wiederherstellung der Bodenqualität?


Siehe auch: Antwortschreiben von TenneT


FNP vom 20.08.2025

Wetterauer Landwirt über geplantes Umspannwerk: 'TenneT-Plan gefährdet Existenzen'

Westlich des Dorn-Assenheimer Bergwerksees soll offenbar ein Umspannwerk gebaut werden - auf 30 Hektar wertvollstem Ackerland. 'Das ist existenzgefährdend', sagt ein Landwirt.

Seitdem die Pläne der Firma TenneT bekannt wurden, in der Wetterau auf einem 30 Hektar großen Areal ein Umspannwerk zu errichten, ist die Aufregung groß. Warum hier, wo es die besten Böden gibt? Warum sollen die fruchtbarsten Lössböden der Landwirtschaft entzogen werden? Die Pläne sind noch nicht öffentlich, noch ist nicht bekannt, welche Flächen genau die Firma bebauen will.

Der aus Dorn-Assenheim stammende Kreistagsabgeordnete Cenk Gönül (Freie Wähler) hat anhand der notwendigen Abstände zur Wohnbebauung nachgerechnet und führte am Sonntag 30 Bürgerinnen und Bürgern an den möglichen Ort des Geschehens.

Vom Treffpunkt an der Festhalle bis zu den Feldern westlich des Bergwerksees ist es eine gute halbe Stunde Fußweg, schon hier wurde eifrig diskutiert. Gönül, Stadtverordneter der Freien Wähler in Reichelsheim, hat TenneT vor Wochen einen Katalog mit 30 Fragen zugeschickt; die örtliche CDU und der Magistrat zogen mit eigenen Fragen nach, wollen ebenfalls Details erfahren.

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Cenk Gönül von den Freien Wähler erläutert den Teilnehmern die Pläne des Netzbetreibers TenneT für das rund 30 Hektar große Umspannwerk vor Ort auf der geplanten Fläche.
Freie Wähler


Gönül hat einen Lageplan mitgebracht: Zwischen Beienheim und Weckesheim im Norden, Dorheim und Bauernheim im Westen, Dorn-Assenheim und dem Bergwerksee im Osten hat er ein großes Areal grau schraffiert. 30 Hektar benötige TenneT, außerdem Ausgleichsfläche. Wie Gönül erfahren hat, werden rund 100 Hektar von der Firma nachgefragt. 'Die wollen den Bauern andere Flächen anbieten. Aber es gibt keine anderen Flächen', sagt ein Bürger wütend. Was ihn aufbringt: 'Es sind drei oder vier Bauern betroffen, die meisten Flächen sind verpachtet.' Und ein Pächter, der das Land geerbt hat, anderswo wohnt und keinen persönlichen Bezug dazu hat - der verkauft, wenn der Preis stimmt. Und die Bauern verlieren ihre Pachtflächen.

'Für uns Landwirte sind die Pläne von TenneT existenzbedrohend'; sagt Ortslandwirt Patrick Ess. Er bewirtschaftet hier mit seinem Bruder zehn Hektar Ackerland, baut Weizen, Gerste, Raps und Zuckerrüben an. 'Wir sind ein kleiner Betrieb', sagt Ess. Aber die Böden seien sehr gut. 'Es ist schon viel wertvolles Ackerland verlorengegangen, und es geht weiter.'

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Westlich des Bergwerksees liegt eine große, fast ebene Fläche, die einst nicht vom Bergbau durchwühlt worden ist. Hier, befürchten die Landwirte, könnte das 30 Hektar große Umspannwerk entstehen - und den Bauern wertvolles Ackerland zur Lebensmittelerzeugung entziehen.
FNP


Großes Rätselraten um Bodenpreise
Was TenneT den Landbesitzern bietet? Darüber herrscht Stillschweigen. Ess sagt: 'Die Bauern wollen und werden nicht verkaufen.' Dem einen sei beim Preis der Bodenrichtwert genannt worden, das sind etwa 3,50 Euro pro Quadratmeter. Man hört aber auch von 15 bis 20 Euro. Gönül: 'Damit finanzieren sich die Landbesitzer ihr Eigenheim.' Die Pachtpreise steigen, wenn weniger Land zu Verfügung steht. 'Wo sollen denn die Lebensmittel herkommen? Sollen wir Regenwälder abholzen?'

Die Stimmung ist gedrückt, manch einer, der innerlich schon aufgegeben hat. 'Wenn die bauen wollen, bauen die auch', sagt ein Mann. Rudolf Zentgraf vom Vorstand der Reichelsheimer Grünen und dem örtlichen BUND, will die Flinte nicht ins Korn werfen. 'Wenn das jemand verhindern kann, dann die Umweltschützer', sagt er und erinnert an die leerstehende Amazon-Halle in Grund-Schwalheim. Laut seinen Informationen soll das Umspannwerk 2037 ans Netz gehen. Zentgraf fordert eine Umweltverträglichkeitsprüfung. Das letzte Gutachten zum Bergwerksee (Zengraf: 'Ein Naturschutzgebiet und wichtiger Vogelrastplatz') sei 18 Jahre alt, da habe sich bei Fauna und Flora in der Zwischenzeit viel getan.

Die meisten Teilnehmer der sonntäglichen Wanderung sind sich einig: Die wertvollsten Böden der Wetterau mit Bodenwerten von 80 oder gar 90 Punkten dürften nicht der Landwirtschaft entzogen werden. Nur ein Bürger will das nicht gelten lassen. 'Ihr braucht doch alle den Strom. Ihr stellt doch alle PV-Anlagen auf', sagt er provokant. Ihm schlägt sofort Gegenwind ins Gesicht. Warum, fragt Gönül, wurden die priorisierten Flächen zwischen Bad Nauheim und Wölfersheim aus den Plänen gestrichen? Obwohl die Böden dort minderwertiger sind? Warum wussten die dortigen Bürgermeister früher von den Plänen? Warum soll wertvollstes Wetterauer Ackerland für die Stromversorgung von Frankfurt geopfert werden? Und welche Zukunft hat die Landwirtschaft in der Wetterau, die immer 'die Kornkammer Hessens' genannt wird? Viele offene Fragen, viele ratlose Gesichter.

TenneT beantwortet Fragen der Bürger
Die Stadtverordnetenversammlung von Reichelsheim tagt am Donnerstag, 28. August, ab 20 Uhr im Bürgerhaus Beienheim. Vertreter von TenneT haben ihren Besuch zugesagt, wollen Fragen der Parlamentarier und auch der Bürger beantworten. Gönül: 'Es wird ein Rederecht für die Bürgerschaft geben.'


WZ vom 20.08.2025

BUND: Begründung für Umspannwerk fehlt

Reichelsheim (pm). Kaum sind die Pläne für ein großes Umspannwerk der Stromnetzfirma TenneT zwischen Reichelsheim und Friedberg bekannt geworden, gibt es große Aufregung. Zu Recht, findet der Wetterauer BUND, denn es sei 'überhaupt nicht klar, wozu dieses Projekt benötigt wird'.

Der BUND-Kreisvorsitzende Dr. Werner Neumann teilt mit, er befasse sich seit über zehn Jahren mit der Ausbauplanung der bundesweiten Stromnetze. Er kenne die vielfältigen Unterlagen, den Szenariorahmen, die Netzentwicklungspläne und die Genehmigungsunterlagen. 'Es geht eigentlich um die Verstärkung der Stromleitung von Gießen nach Karben', sagt Neumann. 'Dort sollen Hochtemperaturseile eingezogen werden, die höher ausgelastet werden können.'

Neumann habe herausgefunden, dass das 'Umspannwerk mit zwei 380 kV/110kV-Transformatoren' erst im Netzentwicklungsplan 2037/2045 aus dem Jahr 2023 erwähnt worden sei. Im vorhergehenden Netzentwicklungsplan 2035 aus dem Jahr 2021 sei es im Anhang nicht erwähnt worden. Neumann: 'In den letzten zwei Jahren hat TenneT darüber niemanden informiert.'

Eine Begründung, warum nun im 'Such-Raum Friedberg/Bad Nauheim/Reichelsheim/Wölfersheim' dieses Umspannwerk gebaut werden solle, sei dem Netzplan nicht zu entnehmen. Der BUND fordere, dass zunächst die Notwendigkeit der Maßnahme fachlich begründet werde, zumal laut Neumann 'das Umspannwerk so heimlich in die Planung eingefügt wurde, dass man die Veränderung nicht einfach bemerken konnte'.

Naturschutz und Ökolandbau
Erst wenn diese Frage geklärt und gegen Alternativen abgewogen worden sei, könne es darum gehen, einen konkreten Standort zu finden. Dabei müssten alle möglichen Standorte gemäß den Regeln der Umweltverträglichkeitsprüfung verglichen werden. Dazu gehöre die Untersuchung der Wirkungen auf den Naturschutz und die Frage, ob die wertvollen Böden, die vernichtet würden, wie in Reichelsheim, auch vom Ökolandbau genutzt würden, der sich nicht einfach verlagern lasse.

Der Netzentwicklungsplan müsse ohnehin überarbeitet werden, so der BUND. Denn die Netzbetreiber, wie Amprion und TenneT, hätten entgegen gesetzlicher Vorschriften keine Kappung von Einspeisespitzen angesetzt. Neumann: 'Der Plan geht davon aus, dass auch die letzte Spitzenleistung aus Wind oder Sonne übertragen werden muss. Daraus ergibt sich eine immense Überdimensionierung des Netzplans.' Die Leitung Gießen-Karben sei auch eine Parallelleitung für die geplante Erdkabelleitung Rhein-Main-Link, falls diese ausfallen sollte. 'Nun stellt sich heraus, dass der Ausbau der Offshore-Windenergie das Ziel von 70 GW nicht erreichen wird und die Windräder in der Nordsee deutlich weniger Strom liefern werden, da sie sich gegenseitig den Wind wegnehmen.' Seit Jahren setze sich der BUND dafür ein, mehr Windenergie im Süden Deutschlands auszubauen als in der Nordsee - mit geringeren Ausbaukosten und 'weitaus weniger Leitungen'.

Der BUND Hessen fordere einen Neustart der Netzplanung, da die Voraussetzungen der Planung sich verändert hätten. Neumann: 'Erst dann wird man sehen, ob und wo und wie ein Umspannwerk mitten in der Wetterau wirklich erforderlich ist.'


WZ vom 30.08.2025

TenneT stellt sich der Kritik: Spannung beim Infoabend

Landwirte, Politiker, Umweltschützer und nicht nur Reichelsheimer: Der Andrang beim Infoabend zum geplanten Umspannwerk ist so groß gewesen, dass viele Zuschauer im Bürgertreff Beienheim stehen mussten. Vertreter der Firma TenneT erläuterten die Planungen und beantworteten Fragen. Einiges blieb dennoch unklar.


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Großer Andrang beim Infoabend zum XXL-Umspannwerk im Bürgertreff Beienheim. Fragen gibt es einige, die zwei Vertreter der Firma TenneT beantworten.
WZ



Eine Viertelstunde, bevor der Infoabend zum geplanten XXL-Umspannwerk beginnen sollte, war am Bürgertreff Beienheim längst kein Parkplatz mehr zu finden. Das Projekt, das die Firma TenneT westlich des Bergwerksees umsetzen will, mobilisiert die Wetterau - nicht nur Reichelsheim, wo ein Großteil des 30 Hektar großen Umspannwerks entstehen soll.

Drinnen drängten sich die Menschen: Landwirte, Naturschützer, interessierte Bürger. Manche von ihnen mussten die Präsentation der 'TenneT TSO GmbH'-Vertreter Dr. Marco Bräuer und Andreas Rüd im Stehen verfolgen. 20 Minuten waren dafür vorgesehen, für die Bürgerfragen eine gute Stunde, wie Sven Görtz erläuterte, der von der Stadt als Moderator engagiert worden war.

Zunächst stellten der Projektverantwortliche Bräuer und sein Kollege Rüd vor, was die Aufgabe eines Übertragunsnetzbetreibers ist: der bedarfsgerechte Ausbau des Stromnetzes, auf Grundlage des Energiewirtschaftsgesetzes. Das im Netzentwicklungsplan 2037/2045 aufgeführte Projekt 211, die Netzverstärkung zwischen Borken und Karben, beinhaltet auch ein neues Umspannwerk mit zwei 380-/110-kV-Transformatoren im sog. Suchraum Dorheim.

Möglichst wenig Leitungen bauen
Bei der Suche nach einem Standort in einem acht bis zehn Kilometer großen Radius habe sich das Gelände südlich von Beienheim als am geeignetsten herausgestellt. Alternativen - vor allem die Fläche östlich von Rödgen war anfangs noch gleichrangig im öffentlichen Gespräch - seien weiter entfernt vom bisherigen 110-kV-Umspannwerk in Dorheim. Den Leitungsbau dorthin will TenneT aus Kostengründen möglichst klein halten, ebenso den Abstand zu der zu verstärkenden 380-kV-Leitung Gießen-Karben.

Bürgermeisterin Lena Herget (SPD) hatte in ihrer Begrüßung gesagt, sie habe Verständnis dafür, dass ein Unternehmen seine Pläne möglichst kostengünstig umsetzen wolle. Aber: 'Manchmal führen vermeintliche Umwege oder auch etwas höhere Investitionskosten zu einem deutlich besseren Ziel für die Allgemeinheit.'

Auch die Bürger machten deutlich, dass sie sich das Umspannwerk an anderer Stelle wünschen. 'Wenn die Anlage auf dem grünen Feld gebaut wird, was essen wir dann?', war eine der Wortmeldungen, die den drohenden Verlust von Ackerboden beklagten. Östlich von Rödgen würde weniger wertvoller Boden versiegelt, schwang in einer anderen Stellungnahme mit. Das wies Rüd zurück. Dort seien die 'Ackerzahlen', die Bewertung der Ertragsfähigkeit, ähnlich hoch.

'Wie kommt Ihr überhaupt an meine Daten?', wollte ein Landwirt aus Bauernheim wissen, der als Grundeigentümer angeschrieben worden war, ob er zum Verkauf bereit sei. Zu welchem Preis, ist derzeit noch unklar. Weil das Projekt von übergeordnetem öffentlichen Interesse sei, so die Antwort, habe TenneT Zugriff auf diese Daten erhalten.

'Für wen opfern wir unser Land? Kriegen wir den Strom, oder geht der nach Frankfurt in die Rechenzentren?' Diese trügen erheblich zu dem 'immensen Strombedarf' bei, bestätigte Bräuer. Doch auch die produzierende Region profitiere, sagte sein Kollege Rüd, durch die Sicherheit des Versorgungsnetzes.

Ziel: Einvernehmlicher Grunderwerb
Zeit blieb auch für technische Fragen: Wie viele 110-kV-Trassen werden vom Umspannwerk abgehen? Antwort: Vier bis fünf. - Kann man die Trafos einhausen? Ja, doch das heißt nicht weniger Flächenverbrauch. - Was spricht gegen gasisolierte Schaltanlagen, auf einem Zehntel der Fläche? Das Gas darf ab 2032 nicht mehr eingesetzt werden.

'Wir suchen nach Mitteln und Wegen, damit ein anderer Suchraum favorisiert wird', betonte Bürgermeisterin Herget. Aber als wichtigste Frage stand dennoch im Raum: 'Wenn wir nicht verkaufen, was dann?' Das Ziel sei ein einvernehmlicher Grunderwerb, sagte Bräuer. Das habe bislang in den meisten Fällen funktioniert. 'Wir führen viele solcher kritischen Gespräche.'

Wenn keine Einigung erzielt werden könne, gebe es verschiedene Möglichkeiten, eine sei das Planfeststellungsverfahren - das ist ein besonderes Genehmigungsverfahren für größere Infrastrukturprojekte. Ob das die Zwangsenteignung zur Folge habe? 'Ja.'

'Was kann das Umspannwerk überhaupt noch verhindern?', wollte ein Mann wissen. 'Wenn wir grobe Fehler in der Planung machen', sagte Bräuer. 'Aber dann hätten wir mehr als ein blaues Auge, dann wären wir verbrannt.'

TenneT setze einen gesetzlichen Auftrag um, betonte Bräuer. Er zeigte aber auch Verständnis für die Bedenken und die Kritik. '30 Hektar sind immens. Das ist eine Riesenzumutung, das ist uns bewusst.'

Kritik kommt auch vom BUND
Widerstand sahen sich die TenneT-Mitarbeiter beim Infoabend von mehreren Seiten ausgesetzt. Für die Natur- und Umweltschützer zum Beispiel meldete sich BUND-Kreisvorsitzender Werner Neumann. Der Netzentwicklungsplan sei rechtswidrig, argumentierte er, weil er keine sog. Spitzenkappung vorsehe. Dabei wird für seltene und kurze Spitzen in der Stromproduktion von einem Ausbau des Energienetzes abgesehen. Das sei eine politische Frage, antwortete der TenneT-Projektverantwortliche Dr. Marco Bräuer. Dafür sei er der falsche Ansprechpartner.

Ein anderer BUND-Vertreter argumentierte, der prognostizierte Stromverbrauch in Deutschland sei 'viel zu hoch angesetzt' - und damit auch der Ausbaubedarf. Genau aus diesem Grund gebe es die Netzentwicklungspläne, konterten die TenneT-Vertreter. 'Es kann sein, dass Projekte wegfallen.'

Rudolf Zentgraf vom örtlichen BUND wollte wissen, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgesehen sei, und verwies auf die schützenswerte Fauna und Flora am Bergwerksee. Die Antwort der Firmenvertreter ließ Raum für Interpretationen: Die gesetzlichen Vorgaben für das jeweilige Genehmigungsverfahren würden eingehalten.

Klar zumindest wurde, dass TenneT sich nicht mit der Information der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz zufriedengeben wird, dass im Suchraum ein Brutgebiet des seltenen und schützenswerten Greifvogels Wiesenweihe liegt. In Sachen Naturschutz werde es eine neue Kartierung geben, sagte Bräuer, eine, 'die wir beauftragen'.


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Auf einer Fläche von mehr als 40 Fußballfeldern soll nahe des Bergwerksees ein Umspannwerk entstehen. Der BUND ist wenig begeistert: Tiere und Pflanzen seien in Gefahr.
WZ



Antworten online
Der Magistrat der Stadt Reichelsheim und die Fraktionen von SPD, CDU und Freien Wählern hatten vor dem Infoabend einen Fragenkatalog an TenneT geschickt. Dabei geht es u. a. um Kriterien für die Standortentscheidung, um die Versiegelung landwirtschaftlicher Flächen samt Ausgleich, Auswirkungen auf die Pflanzen- und Tierwelt, das Genehmigungsverfahren und mögliche Zwangsenteignungen. Die Antworten sind auf der Homepage der Stadt Reichelsheim nachzulesen, unter: Verwaltung & Politik, Aktuelles (oder auch hier auf dieser Seite).

Sollten weitere Fragen aufkommen oder auch welche während des Infoabends offengeblieben sein, können die Bürger diese an die Verwaltung senden unter: rathaus@stadt-reichelsheim.de



FNP vom 10.09.2025

Flächenfraß für Öko-Strom - Ein Kommentar von Thorsten Winter

In der Wetterau soll auf umgerechnet 43 Fußballfeldern ein neues Umspannwerk entstehen. Solarausbau und neue Windräder stressen das Netz - aber geht es wirklich nicht kleiner?

Die Klage über Flächenfraß zählt schon seit vielen Jahren zum Standardrepertoire der Bauernschaft. Die fortschreitende Versiegelung wertvoller Ackerböden vor allem in der Wetterau bringt sie auf - und das zu Recht. Denn Böden, die sich so gut für die Landwirtschaft nutzen lassen, finden sich andernorts nur noch selten. Die Verbraucher verlangen mehr und mehr nach Lebensmitteln aus heimischem Anbau. Doch der dafür besonders gut geeignete Ackerboden wird immer weniger. Das zwischen Friedberg und Reichelsheim geplante Umspannwerk reiht sich nahtlos ein in die Bauvorhaben auf Kosten von Liegenschaften dieser Art.

30 Hektar will der Netzbetreiber TenneT auf Wunsch des für kleinere Verteilnetze in der Region zuständigen Mitbewerbers Avacon planieren. Diese Fläche entspricht 43 Fußballplätzen. Das missfällt nicht nur Bauern vor Ort - auch die Reichelsheimer Bürgermeisterin mag sich mit dem Umspannwerk nicht anfreunden. Dessen ungeachtet lohnt sich ein Blick in die Begründung von TenneT für den geplanten Bau.

Windräder und mehr Solaranlagen absehbar
Demnach soll der Neubau nah am 110-kV-Umspannwerk der Avacon in Dorheim und unweit der 380-kV-Höchstspannungsleitung Gießen-Nord-Karben entstehen. Mögliche andere Standorte werden mit höherem Aufwand beim Leitungsbau und mithin höheren Kosten veranschlagt - oder liegen weiter vom bestehenden Umspannwerk entfernt. So oder so wird das Umspannwerk ein Teil des notwendigen Netzausbaus hierzulande sein. Dieses Großprojekt wiederum geht Hand in Hand mit dem Zubau an Windrädern und Solaranlagen. Oder nach den Worten von TenneT: Der geplante Neubau dient der Aufnahme von erneuerbarer Leistung in das Übertragungsnetz.

Umspannwerk auf bestem Ackerland
Weil die Ampelregierung die Betreiber kleinerer Solaranlagen steuerlich entlastet hat, hat der Zubau in der Wetterau im vergangenen Jahr einen regelrechten Schub erlebt. Im Geschäftsgebiet des Friedberger Regionalversorgers Ovag, das nur Bad Vilbel und Teile Bad Nauheims nicht abdeckt, kamen 3759 Solaranlagen hinzu. Zum Vergleich: Im Vorjahr hatte die Ovag 2145 Neuzugänge verzeichnet - und dies war schon ein Rekord. Da der Zubau laut Regionalversorger weiter auf hohem Niveau läuft und auf dem Taunuskamm Winterstein in der Wetterau in den nächsten Jahren mehr als ein Dutzend Windräder hinzukommen werden, muss das Netz fit gemacht werden. Fraglich ist, ob das Umspannwerk so viel Fläche kosten muss oder ob es mit einer anderen Technik kleiner geht.

WZ vom 12.09.2025

CDU: 'Absolut minimaler Landverbrauch'

'Wir sehen es als unsere Aufgabe, technische Machbarkeit, Umweltverträglichkeit und die Interessen unserer Landwirte zusammenzuführen und einzufordern', fasst der CDU-Fraktionsvorsitzende Holger Hachenburger die Bewertung seiner Partei zum geplanten Umspannwerk des Netzbetreibers TenneT nach dem Info-Abend zusammen. Daraus leite die CDU einen Handlungs- und Prüfauftrag ab, der die neuesten technischen Entwicklungen berücksichtige.

Sollte das Projekt realisiert werden, erwarte die CDU von TenneT eine Lösung 'mit absolut minimalem Landverbrauch'. Der TenneT-Projektverantwortliche hat kürzlich gegenüber dieser Zeitung erklärt, weshalb eine gasisolierte Schaltanlage aus technischen Gründen ausfalle.


Clean-Air-Technik soll geprüft werden
Die Vorstellung des Projekts durch TenneT beim Info-Abend brachte nach Einschätzung der CDU nur wenige neue Erkenntnisse. Viele Fragen - etwa zu Auswirkungen auf Mensch, Tier und Natur - sollten ohnehin erst später beantwortet werden. Auffällig sei der Unterschied in der Wahrnehmung gewesen: Während die Vertreter von TenneT Hachenburgers Auffassung nach 'ihre Folien eher nüchtern präsentierten, machten die Landwirte im Saal ihre Sorgen mit Leidenschaft deutlich'. Ihre Argumentation habe gezeigt, 'wie stark sich die Landwirtschaft bis in ihre Existenzgrundlagen betroffen fühlt'.


Im Zentrum der Bewertung habe die Frage nach der Bauweise und der eingesetzten Technik gestanden. Bekannt sei, dass eine luftisolierte Schaltanlage 'enorme Flächen beansprucht und die Landschaft damit massiv belastet', so die CDU. Eine gasisolierte Schaltanlage sei zwar deutlich kompakter, werde aber mit dem extrem klimaschädlichen Schwefelhexafluorid (SF6) betrieben, das in der EU schrittweise verboten werde.

Daher sehe eine flächenminimierende Prüfung aus Sicht der CDU vereinfacht dargestellt so aus: Auf der 110-Kilovolt-Ebene seien gasfreie Lösungen wie Clean-Air- oder Vakuum-Schaltanlagen die erste Wahl - 'marktverfügbar, genehmigungsfähig, zukunftssicher', sagt Hachenburger.

Auf der 380-Kilovolt-Ebene gelte es, eine verbindliche Perspektive in Richtung Clean-Air-Technologien zu prüfen. Zwei Wege seien derzeit denkbar: eine Clean-Air-/Vakuum-Technik, die ab 2028 breits verfügbar sein dürfte, oder - falls der Zeitplan es erfordere - moderne Gasgemische wie G3 oder EconiQ. Solche Übergangslösungen müssten vertraglich so gestaltet werden, dass eine spätere Umrüstung möglich bleibe.

In einem Gespräch mit dieser Zeitung hat der TenneT-Projektverantwortliche Dr. Marco Bräuer kürzlich auch zu gasisolierten Schaltanlagen Stellung genommen. TenneT müsse zwar in manchen Regionen, etwa im Stadtgebiet Frankfurt, auf solche Anlagen zurückgreifen. Doch abgesehen davon, dass dies bei einer Firma mit dem Kernauftrag 'Versorgungssicherheit und Netzstabilität' keine Begeisterung auslöse, sei eine gasisolierte Schaltanlage bei einer Höchstspannungsanlage technisch nicht möglich: 'Es gibt derzeit noch keine SF6-freien, 'Clean Air', alternativen Isoliergase in der hier nötigen Kurzschlussfestigkeit von 80 Kiloampere.'

WZ vom 19.09.2025

Umspannwerk: Kreis hat Fragen


Stahlriesen mitten auf fruchtbaren Ackerböden: Dieses Szenario zeichnet sich ab seit bekannt wurde, dass der Stromnetzbetreiber TenneT in der Nähe von Dorn-Assenheim ein Umspannwerk errichten will. Auch der Wetterauer Kreistag hat noch Fragen, will Firmenvertreter in eine Ausschusssitzung einladen.

Die Grünen hatten im jüngsten Wetterauer Kreistag den Antrag gestellt, die Firma TenneT TSO in den Ausschuss für Regionalentwicklung und Umwelt einzuladen. Neben Aspekten wie Notwendigkeit, Netzausbau oder Größe solle bei dem Termin 'die Frage nach Standortalternativen im Mittelpunkt stehen', sagte Fraktionsvorsitzender Michael Rückl. 'Der Wet-teraukreis hat keine Zuständigkeit, wir dürfen uns aber nicht zurücklehnen. Unsere Böden sind wertvoll.' Es stelle sich die Frage, ob es nicht andere Standorte gibt.

Die Bürgermeister von Bad Nauheim und Wölfersheim hätten in einer Pressemitteilung gefordert, Umspannwerke gehörten in die Nähe von Industrie und Gewerbe. 'Solche Flächen haben wir', sagte Rückl. 'Lasst uns mit den Firmenvertretern reden.' Bezugnehmend auf einen Ergänzungsantrag der Freien Wähler stellte auch Rückl die Frage in den Raum, ob es wirklich 30 Hektar sein müssen. 'Geht es nicht auch kompakter?'

Auch die AfD-Fraktion hatte einen Antrag zum Umspannwerk vorgelegt, der allerdings eine andere Richtung einschlägt. Die Energiewende sei gescheitert, sagte Fraktionsvorsitzender Michael Kuger, die erneuerbaren Energien 'gefährden unsere Versorgungssicherheit'. Der Bau des Umspannwerks sei die logische Folge der Grünen-Politik. Gleichwohl sieht auch die AfD den Landverbrauch kritisch und will TenneT-Vertreter in den Ausschuss einladen.

Für Cenk Gönül (Freie Wähler) wäre der Bau des Umspannwerks am Standort Dorn-Assenheim ein 'massiver Eingriff in unsere Kulturlandschaft'. Unabhängig von der Notwendigkeit der Anlage, müsse der Flächenbedarf überprüft werden. Laut Gönül gibt es andernorts auf städtischen Arealen kleinere Bauweisen für Umspannwerke als auf dem Land, wo die Bodenpreise niedriger seien.

Andrea Rahn-Farr (FDP) forderte, dass auch der bei solchen Baumaßnahmen notwendige naturschutzrechtliche Ausgleich genau betrachtet wird. 'Sonst fallen neben dem 30 Hektar weitere Flächen aus der landwirtschaftlichen Bearbeitung heraus.' Leon Clemens Sehrt (CDU) lehnte den Antrag der AfD ab, die Forderungen seien viel zu pauschal und undifferenziert. 'Das geht so nicht.' Der Antrag der Grünen sei gut, alle Alternativen müssten geprüft werden.

Das unterstrich auch Reichelsheims Bürgermeisterin Lena Herget (SPD): 'Umspannwerke sind ein unverzichtbarer Teil der Energieversorgung. Aber 30 Hektar sind 40 Fußballplätze, das überschreitet jedes vernünftige Maß und würde auch den Lebensraum von Wiesenweihe und Feldlerche zerstören. Muss es wirklich dieser Standort sein?' Der Antrag der Grünen, Vertreter von TenneT in den Ausschuss einzuladen, wurde mit großer Mehrheit beschlossen.

Für den AfD-Antrag votierten nur die AfD und die 'Heimat' (Ex-NPD). Michael Rückl sagte, er sei 'nicht zielführend'. Den römischen Staatsmann Cato der Ältere zitierend, schloss er seine Ausführungen mit den Worten: 'Und im Übrigen bin ich der Meinung, dass die AfD verboten gehört.'

FAZ vom 21.09.2025 von Thorsten Winter

Bürgermeisterin zu TenneT-Plan: 'Umspannwerk bringt uns keinen einzigen Arbeitsplatz'

umspannwerk09.jpg Der Netzbetreiber TenneT will auf 30 Hektar in der Wetterau ein Umspannwerk bauen. Die Bürgermeisterin der Kleinstadt Reichelsheim, Lena Herget (SPD), hat Einwände. Und sagt, was sie im Verfahren vermisst.

Frau Herget, das geplante Umspannwerk zwischen Friedberg und Reichelsheim soll der Energiewende dienen und Solarstrom aus der Wetterau aufnehmen. Weshalb lehnen Sie es ab?

Ich lehne nicht das Umspannwerk an sich ab, sondern den ausgewählten Standort. Als Bürgermeisterin vertrete ich die Interessen unserer Stadt und sehe keinen eindeutigen Mehrwert durch das Umspannwerk für Reichelsheim. Wir haben darüber auch schon politisch eingehend diskutiert und diese Diskussion wird uns noch einige Zeit erhalten bleiben.

Aber fest steht: Der in der Wetterau tätige Netzbetreiber Avacon sagt, das Umspannwerk sei notwendig, und hat TenneT gebeten, es zu bauen.

Die Notwendigkeit ist in der Tat unstrittig. Das haben uns TenneT und regionale Energieversorger klargemacht. Das stelle ich auch gar nicht in Frage. Nur ist die Standortwahl nicht optimal.

Was ist falsch am Standort?

Wir haben dort bestes Ackerland. Nun könnte jemand einwenden, aus landwirtschaftlicher Sicht sehr gute Böden gebe es doch fast überall in der Wetterau. Nur betragen die Bodenpunkte dort, wo die TenneT nach Flächen sucht, zwischen 73 und 87 - bei einem Höchstwert von 100.

Das sind gute bis sehr gute Böden, die eine hohe Ertragsfähigkeit aufweisen.

Genau. Das muss man schon ins Verhältnis setzen zu anderen Flächen, die auf weniger Bodenzahlen kommen, also weniger ertragreich für die Landwirtschaft sind. Zudem fehlt mir in der Diskussion bisher folgender Punkt: Meine Vorgänger haben sich bereits für die Landschaftspflege eingesetzt und wir haben als Stadt einen entsprechenden Pflegeplan aufgestellt. Gemeinsam mit Landwirten und der Unteren Naturschutzbehörde beim Landkreis haben wir uns auf den Weg gemacht, viel für den Naturschutz zu tun und neue Lebensräume zu schaffen. Diese Arbeit trägt viele Früchte und zwar gerade auch in dem von der TenneT ausgesuchten Gebiet. Das weisen recht neue Kartierungen aus. Demnach leben dort viele geschützte und schützenswerte Arten, manche haben sich neu angesiedelt.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Die Wiesenweihe. Sie brütete 2023 erstmals dort. Das war ein Sensationsfund für Hessen. Zumal dieser Greifvogel dort zwei Mal hintereinander Nachkommen aufgezogen hat und sich entschlossen hat zu bleiben.

Und diese Wiesenweihen haben sich auch nicht etwa aus dem benachbarten Bingenheimer Ried zufällig nach Reichelsheim verirrt?

Nein. Diese Erkenntnis habe ich der TenneT auch mitgeteilt - doch ich habe den Eindruck, das Thema wird dort etwas heruntergespielt. So hieß es, dazu werde es noch Untersuchungen geben. Aber das Unternehmen bezieht keinerlei Stellung zu den von uns gelieferten Informationen.

Und das ärgert Sie.

Ja, das ärgert mich auch deshalb, weil sich in meinem ersten Jahr als Bürgermeisterin eine Bürgerinitiative namens 'Rettet das Reichelsheimer Wäldchen' gegründet hatte angesichts eines von meinem Vorgänger geplanten neuen Kindergartens mit sechs Gruppen auf rund 1450 Quadratmetern in der Kernstadt. Der Neubau sollte auf einer Fläche in unmittelbarer Nähe zur Grundschule und zum Bürgerhaus entstehen. Das Projekt an dem gewählten Standort scheiterte aber, weil eine dortige Gehölzinsel als Wald anerkannt wurde und wir eine Rodungsgenehmigung gebraucht hätten, die Untere Naturschutzbehörde aber signalisierte, die werde es kaum geben. Nun aber kommt ein Unternehmen und sagt, wir nehmen 30 Hektar.

.also umgerechnet 43 Fußballplätze.

.plus Gelände für Wege und weitere Infrastruktur, deren Flächenbedarf die TenneT uns noch nicht beziffert, auf wertvollsten Böden - doch wir reden nicht einmal über Artenvorkommen, Artenschutz, Bodenschutz und Alternativstandorte. Und schon gar nicht reden wir über Ausgleichsflächen, die im Falle eines Neubaus fällig würden. Offenbar hat es da bisher keinerlei Abwägung gegeben. Ich sehe auch keinen Respekt diesen Böden und ihren Nutzern gegenüber. Zumal einige Landwirte stark betroffen sind, die dort nur Pächter sind mit vernünftigen Pachtzinsen. Wenn die 30 Hektar aus der landwirtschaftlichen Nutzung fielen, bräuchten die Landwirte andere Flächen. Wir als Stadt haben aber keine eigenen ungenutzten Böden mehr als Alternative zur Verfügung.

Nun hat die TenneT aber eingehend erläutert, weshalb andere Flächen in der Wetterau nicht so gut geeignet sind für das Umspannwerk. Etwa, weil mehr Leitungen installiert werden müssten. Ficht Sie das nicht an?

Wir mussten für unseren neuen Kindergarten neun Alternativstandorte prüfen und nachweisen, warum diese nicht möglich waren. TenneT sagt lediglich, andere Standorte seien nicht geeignet, weil sie da mehr Geld für Leitungen ausgeben müssen. Das ist mir zu wenig!

Bekäme Reichelsheim denn wenigstens Gewerbesteuer von TenneT aus dem Betrieb des Umspannwerks?

Nein, zumindest keine nennenswerte Größenordnung. Die TenneT zahlt Gewerbesteuer fast ausschließlich an ihrem Firmensitz. Zudem hätten wir durch das Umspannwerk keinen einzigen Arbeitsplatz mehr in Reichelsheim. Nicht zuletzt kommt der Leitungsbau hinzu, der auch unter anderem Menschen in Friedberg-Bauernheim betrifft. Und mich frustriert, dass wir als Kommune anders als in anderen Verfahren nicht formell beteiligt werden. Vielmehr bekommen wir etwas mitgeteilt. Darüber hinaus könnte die TenneT die benötigte Fläche über andere technische Lösungen verringern, wie Beispiele aus Deutschland zeigen. Auch darüber möchte ich noch mal mit TenneT eingehend reden.

Sie haben die Ausgleichsflächen erwähnt. Landwirte sind in solchen Fällen meist doppelt gekniffen. Sie verlieren Böden erstens an Neubauten und zweitens weitere an 'naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen' wie neuen Wäldchen mit Bäumen in Reih' und Glied. Müsste es solche denn auch auf Reichelsheimer Stadtgebiet geben?

Uns gegenüber hieß, diese Ausgleichsmaßnahmen müssten nicht in der Kommune selbst erfolgen, aber im gleichen Naturraum. Was immer das heißen mag. Die TenneT sucht derzeit Grundstücke in einem 120 Hektar umfassenden Raum und hat auch uns als Kommune über die Hessische Landgesellschaft (HLG) gefragt, ob wir Teilflächen verkaufen würden. Es handelt sich um kleinere Parzellen, wie Feldwege mit einer Gesamtfläche von drei Hektar. Nur damit könnten wir als Stadt einmalig etwas Geld verdienen, aber TenneT würde nur einen Teil davon benötigen und kaufen, weil sie über das Suchgebiet verteilt liegen.

WZ vom 29.09.2025

Bauernverband kritisiert Flächenverbrauch für Umspannwerk

Der Regionalbauernverband Wetterau-Frankfurt (RBV) fordert von Stromnetzbetreiber Tennet Nachbesserungen bei der Planung für das Umspannwerk bei Reichelsheim.

Man nehme die derzeit favorisierten Pläne für ein 30 Hektar großes Areal südlich von Beienheim mit großer Sorge zur Kenntnis, teilt der RBV mit.

In einer gemeinsamen Vorstandssitzung mit den Ortslandwirten der von der Planung betroffenen Ortschaften habe man das Thema eingehend beraten. Das Fazit beschreibt die Vorsitzende, Andrea Rahn-Farr, so: 'Wir erkennen die Notwendigkeit einer sicheren Energieversorgung an, sehen jedoch bei den jetzigen Planungen erhebliche Risiken für Landwirtschaft, Umwelt und Ressourcenschutz. Es muss nachgebessert werden.'

Um diese Risiken und negativen Folgen abzumildern, stellt der Regionalbauernverband drei Forderungen auf:
  • Verkleinerung der Fläche - durch Nutzung alternativer Technologien, auch wenn diese für Tennet höhere Kosten bedeuten. Der Ressourcenschutz müsse Priorität haben, der Flächenverbrauch so gering wie möglich gehalten werden.

  • Verzicht auf zusätzliche Ausgleichsflächen - stattdessen sollten bestehende Ökopunkte genutzt werden, um die Inanspruchnahme weiterer landwirtschaftlicher Nutzflächen zu vermeiden.

  • Erneute Prüfung von alternativen Standorten - hochwertige Ackerböden der Wetterau dürften nicht versiegelt werden. Andere Standorte müssten 'ernsthaft und transparent' geprüft werden.
Die Wetterau verfügt laut Rahn-Farr über einige der fruchtbarsten Böden weltweit. Sie seien unverzichtbare Grundlage für die Ernährungssicherung sowie für die wirtschaftliche Existenz zahlreicher landwirtschaftlicher Betriebe. 'Jeder Hektar, der versiegelt wird, geht der Ernährungssicherung unwiederbringlich verloren.'

Landwirte oft nicht Eigentümer
Rahn-Farr betont, dass die Landwirte in vielen Fällen nicht Eigentümer der Flächen seien, auf denen das Umspannwerk geplant wird. 'Selbst wenn die direkt betroffenen Bewirtschafter entschädigt werden, indem ihnen Tauschflächen angeboten werden, so werden diese Tauschflächen doch anderen Landwirten entzogen', heißt es.

Laut Kreislandwirt Michael Schneller führt der Verlust von 30 Hektar bestem Ackerland immer zur Betroffenheit der Landwirte in der gesamten Region. 'Denn Boden ist nicht vermehrbar.' Man appelliere an Politik, Planungsträger und Tennet, den Schutz der Böden ernst zu nehmen und die Planungen unter Berücksichtigung von Flächen- und Ressourcenschutz nachzubessern.


WZ vom 03.10.2025

Stadt Reichelsheim sagt Nein zu Tennet

Das geplante Umspannwerk westlich des Bergwerksees sorgt weiter für Diskussionen. Vor allem der Standort stößt auf breite Skepsis. Mit ihrer Entscheidung, den Verkauf von 25 städtischen Grundstücken an den Netzbetreiber Tennet abzulehnen, haben die Stadtverordneten nun ein Zeichen gesetzt - und deutlich gemacht, dass sie die Interessen der Kommune geschlossen vertreten wollen.

Das Umspannwerk, das vor allem auf Reichelsheimer Boden errichtet werden soll, hat jetzt erneut die Stadtverordneten beschäftigt. SPD, CDU und Freie Wähler haben am Dienstag im Dorfgemeinschaftshaus Blofeld gemeinsam entschieden, dass die Stadt keine Grundstücke für das Projekt zur Verfügung stellen soll. Diese Position hatte auch die Verwaltung mit Bürgermeisterin Lena Herget (SPD) an der Spitze in der Vorlage vertreten.

Der Übertragungsnetzbetreiber Tennet TSO GmbH hatte eine Anfrage an die Stadt gestellt: Tennet will 25 städtische Grundstücke erwerben, um zwischen Dorn-Assenheim und Beienheim ein Umspannwerk auf einer Größe von 30 Hektar zu errichten. Dieses sei notwendig, um die Digitalisierung, den Ausbau der erneuerbaren Energien und den damit verbundenen Klimaschutz voranzutreiben. Weder Stadtverordnete noch Bürgermeisterin zweifeln die energiewirtschaftliche Bedeutung des Umspannwerks an. Den geplanten Standort aber sehen sie 'sehr kritisch', wie es z. B. in der Sitzungsvorlage aus dem Rathaus heißt.

Fraktionen zeigen Geschlossenheit
Gegen einen Verkauf der Flächen bzw. gegen den Bau des Umspannwerks in diesem Bereich sprechen laut Herget unter anderem diese Gründe: Entzug von wertvollen Ackerböden aus der landwirtschaftlichen Nutzung, erhebliche Beeinträchtigungen für die betroffenen Landwirte, Versiegelung von 30 Hektar sowie Beeinträchtigungen für Flora und Fauna.

Bei der Abstimmung votierten alle Fraktionen dafür, den Verkauf der Grundstücke an Tennet abzulehnen. Ein Abgeordneter der Freien Wähler enthielt sich: Es gebe auch gute Gründe für den Bau, er wolle sich aber nicht gegen die übrigen Stadtverordneten stelle. Die Fraktion der Freien Wähler zeigte sich überzeugt, dass sich das Projekt nicht auf Dauer verhindern lasse. Dennoch halte sie es für wichtig, den Bau zumindest zu verzögern. Bei der SPD sah man die Enthaltung des Abgeordneten kritisch, da sich die Fraktion Geschlossenheit bei diesem für Reichelsheim so wichtigen Thema erhofft habe. Holger Hachenburger von der CDU betonte, dass die Fraktionen nicht parteipolitisch handeln, wenn sie den Verkauf der Grundstücke ablehnen. Man handle vielmehr gemeinsam im Sinne Reichelsheims und setze 'ein starkes Zeichen der Geschlossenheit'.

Dass die Stadtverordneten allein damit den Bau des Umspannwerks nicht werden verhindern können, dürfte ihnen allen klar sein. 'Was, wenn wir nicht verkaufen?', hatte ein Landwirt beim Info-Abend während der vorherigen Stadtverordnetenversammlung gefragt. Der Tennet-Projektverantwortliche betonte zunächst, das Ziel sei ein einvernehmlicher Grunderwerb. Das habe bislang in den meisten Fällen funktioniert. Wenn keine Einigung erzielt werden könne, gebe es verschiedene Möglichkeiten, bis hin zum Planfeststellungsverfahren. Auf die Rückfrage, ob das die Zwangsenteignung zur Folge hätte, antwortete der Tennet-Mitarbeiter damals: 'Ja.'

Außer diesem Thema, das die Menschen in Reichelsheim derzeit am meisten bewegt, ging es in der Parlamentssitzung auch um andere Punkte. Uneinig sind sich die Fraktionen zum Beispiel darin, wie es mit dem Spielplatz 'Am Heiligen Stein' in Weckesheim weitergehen soll. Die CDU hatte beantragt, den Spielplatz mit zusätzlichen Angeboten für Jugendliche und junge Erwachsene auszustatten. Die Fraktion denke dabei zum Beispiel an eine Tischtennisplatte, heißt es in der Vorlage.

Die SPD, die die Mehrheit der Stadtverordneten stellt, lehnte den Antrag ab, da sie eine Trennung von Kindern und Jugendlichen für angebracht halte. Der Spielplatz solle ein Ort bleiben, an dem Kinder ungestört spielen können. Die Freien Wähler wollten den Antrag nicht pauschal ablehnen und schlugen die Überweisung in den Ausschuss vor. Es müsse zuerst geprüft werden, wie hoch der Bedarf in der Gemeinde für zusätzliche Angebote sei. Doch dieser Antrag wurde ebenso wie der Antrag der CDU abgelehnt.

Einigkeit herrschte dann wieder beim Antrag des Magistrats zur Förderung des Glasfaserausbaus im gesamten Stadtgebiet. Der Beschlussvorschlag sieht vor, ein ergänzendes Glasfaser-Förderprojekt zu initiieren. Dafür soll die Stadt der Gigabitregion Frankfurt/Rhein-Main beitreten. Dem stimmten alle Fraktionen zu.











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© | Alexander Hitz